Page 15 - geschlechterperspektiven

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Geschlechterunterschiede
sind
ein
Aspekt von
Heterogenität
Vielfalt als Chance
Geschärfter Blick auf
Geschlechterthemen
15
mal zu geschlechtsgetrennten Angeboten führen; im Alltag der katholischen
Tageseinrichtungen für Kinder ist dies aber nicht die Regel.
4.4 Inklusion aus Geschlechterperspektive
Aktuell ist das Konzept der
Inklusion
dabei, sich als ein neues Leitkonzept in der
Pädagogik zu etablieren. Ursprünglich aus der Behindertenpädagogik stammend,
stellt es eine Veränderung und Weiterentwicklung des dort lange Zeit dominie-
renden Konzepts der Integration dar. Im Vordergrund stehen das gemeinsame
Leben und Lernen, die Ablehnung einer Aussonderung von einzelnen Kindern und
die Überzeugung, dass Heterogenität kein Problem ist, sondern viele Chancen
mit sich bringen kann. Der Deutsche Caritasverband e. V. fördert bundesweit
einen pädagogischen Ansatz, bei dem die Vielfalt im Mittelpunkt von Erziehung
und Bildung steht. Studien und Erfahrungen belegen, dass davon nicht nur die
Schwächeren, sondern auch die Stärkeren proftieren.
Im Rahmen von Inklusion erscheinen Geschlechterunterschiede oft als ein
Aspekt von Heterogenität, der mit anderen Aspekten zusammenwirken, durch
diese verstärkt oder auch relativiert werden kann (vgl. Wagner 2013). Wenn
Geschlechterunterschiede nur noch als einer von vielen Aspekten von Vielfalt
und Unterschiedlichkeit gesehen werden, kann dies allerdings dazu führen, dass
Geschlechteraspekte aus der Wahrnehmung „verschwinden“.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der höhere Jungenanteil an den
so genannten „Integrationskindern“. Dies kann zum Teil auf den höheren Anteil
von Jungen an Frühgeburten und weitere genetische Einfüsse zurückgeführt
werden. Bereits in den ersten Lebensjahren erhalten Jungen denn auch häufger
als Mädchen Frühförderung. Insgesamt ist jedoch im Bereich der Frühförderung
eine Tendenz hin zu mehr Kindern mit Entwicklungsbesonderheiten ohne medi-
zinische Primäreinfüsse festzustellen (vgl. Wering/Brandt/Maiwald, 2012, S.
39). Als Ursachen werden soziale und familiäre Probleme, sowie mangelhafte
Erziehungskompetenzen diskutiert, insbesondere im Zusammenhang mit der
wachsenden Zahl von Jungen, die mit alleinerziehenden Müttern aufwachsen.
Aber auch unterschiedliche Bewertungen von Verhalten als „störend“ und „ent-
wicklungsauffällig“ wirken sich darauf aus, ob einem Kind Förderungsbedarf
attestiert wird. Insbesondere Jungen mit hohem Aktivitätsdrang geraten leichter
in Konfikt mit den Regeln und Rahmenbedingungen der Kindertageseinrichtung
und fallen damit auf. Mädchen, die im Gruppenalltag unauffällig mitlaufen, wer-
den dagegen trotz möglicher Schwierigkeiten in einzelnen Teilbereichen von
Kindertageseinrichtungen deutlich seltener in der Frühförderung angemeldet
(ebenda, S. 58).
Eine gezielte Auseinandersetzung mit Geschlechterthemen schärft den Blick
dafür, in welcher Weise Geschlechteraspekte unsere individuelle Entwicklung,
unsere Gesellschaft und auch den pädagogischen Alltag mit Kindern, Eltern und
Kolleginnen und Kollegen in Kindertageseinrichtungen durchziehen.
Kap. 4 Geschlechterbewusste Pädagogik