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c a r i t a s
a k t u e l l
3 / 2 013
17
senschaftlich begleitet wird das Projekt von
Prof. Lenz.
Das Projekt bietet Beratung
für die Eltern und (Gruppen-)Angebote
für die Kinder. Beide Seiten machen die
wichtige Erfahrung, dass sie mit ihren
Problemen nicht alleine und auch nicht
weniger wert sind.
Insofern habe „Auf-
wind“ Modellcharakter – auch über den
Rhein-Kreis Neuss hinaus, betont Lenz.
Deswegen trafen sich über 100 Teilneh-
mer zu einer Fachtagung im Ons Zentrum
in Neuss, um sich über das Thema „Kinder
und Jugendliche mit psychisch kranken El-
tern“ zu informieren. Vertreter der Jugend-
und Gesundheitshilfe im behördlichen und
karitativen Bereich sowie im Gesundheits-
wesen diskutierten über Probleme, Hinter-
gründe und Lösungen. Denn Kinder psy-
chisch kranker Eltern haben einen hohen
Leidensdruck. Sie sind irritiert und verun-
sichert, sie fühlen sich schuldig und ver-
antwortlich, sie überfordern sich, erklärt
die Kinder- und Familientherapeutin Su-
sanna Staets auf der Tagung.
Neben der Erkrankung selbst wird die
Selbststigmatisierung zum zweiten Prob-
lem: „Ich bin weniger wert als andere. Ich
bin eine schlechte Mutter / ein schlechter
Vater. Ich bin unfähig, mein Kind zu erzie-
hen.“ So lauten typische Selbstvorwürfe
von Eltern. Das bleibt nicht folgenlos:
Ge-
rade ältere Kinder nehmen die Selbst-
stigmatisierung der Eltern wahr und be-
ziehen sie auf sich selbst: „Meine Eltern
sind anders als andere Eltern. Meine El-
tern sind komisch. Meine Familie ist ko-
misch. Ich bin anders. Ich bin komisch.“
„Die Selbststigmatisierung ist die zweite
Krankheit“, sagt Prof. Lenz. Auf Elternsei-
te erfordert das: Krankheitswissen, Krank-
heitsverstehen, einen offenen und aktiven
Umgang mit der Krankheit, aber ohne
Überforderung der Kinder. Keine Verleug-
nung und keine Überbewertung der
Krankheit. Auf Kinderseite sind wichtig:
Alltagspraktische Hilfen, frühe und vor
allem kindbezogene Hilfen, Aktivierung
sozialer Ressourcen.
Das leistet „Aufwind“.
„Wir helfen betroffenen Eltern und Kin-
dern, ihre Stärken zu entdecken und zu
nutzen“, erklären die Projektkoordinato-
rinnen Ingeborg Glauer und Lea Sliwak.
Ziel der Beratungsarbeit ist es unter an-
derem, innerhalb der Familie gemeinsam
über Probleme und Lösungen zu sprechen
sowie die Fähigkeiten und Stärken jedes
Einzelnen zu fördern. Es geht darum, die
Anforderungen des Alltags besser zu be-
wältigen und verlässliche Hilfen in Krisen
und Notsituationen zu bieten.
Ein wesentlicher Bestandteil von „Auf-
wind“ sind Gruppenangebote für Kinder
psychisch kranker Eltern. Sie entlasten be-
troffene Kinder und Jugendliche und geben
ihnen einen Ort, an dem sie offen über ihre
Anliegen, Gedanken und Gefühle sprechen
können. Die wöchentlichen Gruppen für
Kinder und Jugendliche von sechs bis 18
Jahren schaffen einen geschützten Rahmen
und eine Atmosphäre des Vertrauens, der
Akzeptanz und der Verlässlichkeit. Wichti-
ge Elemente des Gruppengeschehens sind
außerdem kreative und kulturelle Ange-
bote, aber auch Ferienfreizeiten.
Darüber hinaus übernimmt der Sozial-
dienst katholischer Frauen die Vermittlun-
gen von ehrenamtlichen Paten für betrof-
fene Kinder. Die Paten sind zuverlässige
Bezugspersonen, sie ermöglichen Kindern
Erholungsphasen, in denen sie unbeschwert
sein können. Gemeinsames Spielen, Be-
gleitung bei Freizeitaktivitäten oder Haus-
aufgabenhilfe gehören zum Tätigkeitsfeld
der Paten.
Die Zwischenbilanz nach knapp zwei
Jahren „Aufwind“ ist erfreulich und be-
klemmend zugleich: Die Nachfrage ist
viel stärker als erwartet.
komisch“
Erziehungs- und Familienberatungsstelle
„balance“
Ingeborg Glauer
Kapitelstraße 30, 41460 Neuss
Tel. 02131/36928-30
balance@caritas-neuss.de
KIZ im Zentrum
Lea Sliwak
Rheydter Str. 176, 41464 Neuss
kiz@caritas-neuss.de