Page 35 - geschlechterperspektiven

This is a SEO version of geschlechterperspektiven. Click here to view full version

« Previous Page Table of Contents Next Page »
35
9 Eltern sind Mütter und Väter
Die Arbeit in katholischen Kindertageseinrichtungen ist Teil des vielfältigen
Familien unterstützenden Angebots der Kirche. „Die enge Zusammenarbeit und
der Kontakt zwischen Erziehungsberechtigten, pädagogisch tätigen Kräften und
dem Träger ist für uns die Voraussetzung für eine gute pädagogische Arbeit“
(Bildungskonzept, S. 49). Das Angebot katholischer Tageseinrichtungen orientiert
sich dabei an den Lebensverhältnissen der Familien des jeweiligen Einzugsgebietes
und reagiert auf gesellschaftliche Entwicklungen.
Dies ist auch für die Umsetzung einer geschlechterbewussten Pädagogik wesent­
lich, die sich nicht ohne oder gar gegen die Eltern realisieren lässt. Geschlech­ter­
bewusste Pädagogik in Kindertageseinrichtungen setzt die Beteiligung von und
gemeinsame Lernprozesse mit Eltern voraus, weil diese – anders als zum Beispiel
in der Jugendarbeit – mit ihren Einstellungen und Erwartungen zum Kitaalltag
dazugehören. Ziele und Ideale geschlechterbewusster Pädagogik können nicht
einfach in die Begegnung mit den Kindern eingebracht, sondern müssen mit
Eltern ausgehandelt werden.
Eine wichtige Voraussetzung ist dabei, dass sich das Team über die
Notwendigkeit und die Ziele einer geschlechterbewussten Arbeit mit Mädchen
und Jungen im Kindergarten einig ist und die einzelnen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter dies auch gegenüber den Eltern vertreten können. Hilfreich ist es
dabei, wenn Geschlechtergerechtigkeit, geschlechterbewusste Pädagogik und
Sexualpädagogik in das Konzept der Einrichtung eingebunden sind. Dies gibt
den einzelnen Fachkräften Rückhalt auch bei schwierigen Gesprächen oder in
Konfiktsituationen.
Die Zusammenarbeit mit Eltern im Bereich geschlechterbewusster Pädagogik
kann durch verschiedene Maßnahmen eingeleitet bzw. verbessert werden. Wenn
Geschlechteraspekte bei der Bildungsdokumentation berücksichtigt werden,
dann wird dies auch in die Zusammenarbeit mit den Eltern eingehen. Darüber
hinaus sind Elternabende und Elternbriefe zum Thema sinnvoll. Hospitationen,
Eltern-Kind-Aktivitäten oder die aktive Mitwirkung von Eltern im Alltag z.B. als
„Leseeltern“ ermöglichen Austausch und Zusammenarbeit in der Praxis.
Besondere Bedeutung hat dabei die Einbeziehung von Vätern. Heute ist selbst-
verständlich, dass Väter schon für ganz kleine Kinder wichtig sind und auch
ihre Versorgung übernehmen können. Zunehmend mehr Väter nehmen ihre
Erziehungsverantwortung in der Familie ernst und gestalten diese mit. Sie wollen
heute oft eine bessere Beziehung zu ihren Kindern aufbauen als sie es selbst mit
ihren eigenen Vätern erlebt haben. Gerade in den ersten Lebensjahren sind viele
Väter daher unsicher, aber auch offen für Anregungen und neue Ideen.
Die stärkere Beteiligung von Vätern an der familiären Erziehung erhöht auch ihre
Ansprüche an die Beteiligung in Kindertageseinrichtungen. Diese Lebenswirklich­
keit soll sich mehr als bisher auch in den katholischen Kindertageseinrichtungen
abbilden.
Viele Barrieren stehen einer besseren Einbeziehung von Vätern in den Alltag
und das Angebot von Tageseinrichtungen für Kinder im Wege. Einer aktuellen
US-amerikanischen Studie zufolge ist das Hauptproblem mangelnder Beteiligung
von Vätern, dass diese weniger Zeit haben und ihre stärkere Einbeziehung daher
oft an Terminkonfikten scheitert. Ein weiterer Grund ist der Mangel an männlichen
Ansprechpartnern (MFFN, 2011). Väter treffen in den Einrichtungen in der Regel
noch nicht auf engagierte männliche Pädagogen, mit denen sie erleben können,
Kap. 9 Eltern sind Mütter und Väter
Nicht ohne oder gar gegen
die Eltern
Gemeinsame
Lernprozesse mit Eltern
Verständigung über Ziele
Stärkere Beteiligung
von Vätern