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KOMPAKT 2/2013
M A R I O B R A U N / D A N I E L A S T E F F E S
Aus der Rolle fallen
Geschlechtsbewusste Pädagogik in der Bildungspraxis katholischer Familienzentren
M A R I O B R A U N
B.A. Soziale Arbeit,
Akademie elementar e.V.
Inklusive Pädagogik nimmt alle Kinder
gleichermaßen in den Blick. Sie gestaltet
Rahmenbedingungen, in denen Teilhabe
für alle gleichermaßen ermöglicht wird
und überwindet dabei in der alltäglichen
pädagogischen Praxis Teilhabehindernis-
se. Solche Hindernisse rühren in vielfäl-
tiger Weise aus tradierten Zuschreibun-
gen, beispielsweise auch das Geschlecht
betreffend.
Rollenmuster
Nach wie vor existieren in unserer Ge-
sellschaft fest verankerten Geschlechter-
Rollenmuster, die vor allem dann prob-
lematisch werden, wenn sie Menschen
daran hindern, ihr individuelles Potenzial
zu entfalten, weil dieses etwa nicht den
allgemeinenVorstellungen zum jeweiligen
Geschlecht entspricht. Der am Engage-
ment imHaushalt interessierteMann, die
technisch interessierte Frau, der Jungemit
Liebe zum Ballett oder das Mädchen mit
Interesse amKampfsport sind immer noch
Exoten.Familienengagement undSozialar-
beit gelten immer noch als Frauendomäne,
Handwerk oder Management als ausge-
machte Betätigungsfelder für Männer.
Pädagoginnen und Pädagogen sind als
Chancengeber aufgefordert, einschrän-
kende Rollenzuschreibungen überwin-
den zu helfen und Kinder stark dafür zu
machen, sich entsprechend ihrer individu-
ellen Interessen und Fähigkeiten zu be-
tun. Grundlage dafür ist ein geschärfter
Blick der Pädagog/innen für das eigene
geschlechtsbegründete Verhalten und
eigene Rollenzuschreibungen.
Bereits Judith Lorber (1999) schreibt:
„Jede und jeder ‚macht Gender’, ohne
darüber nachzudenken“. Wir alle neh-
men im Privat- und Berufsleben unser
Umfeld auch durch die „Genderbrille“
wahr, interpretieren das Verhalten unse-
rerMitmenschen entsprechend und leiten
eigeneHandlungsweisen aus unsererVor-
stellung vom Mann- oder Frau-Sein ab.
Dies geschieht in allen Bereichen unseres
Handelns, in unserem Sprechen, unserer
Gestik, unseremKleidungsstil. In diesem
Sinne ist Geschlecht einerseits zwar be-
stimmt, andererseits aber auch das Ergeb-
nis unseres täglichen Tuns.
Gott hat denMenschen alsMann undFrau
erschaffen.DerMensch ist geprägt von sei-
nemGeschlecht vonAnfang an, jedoch da-
durch nicht auf bestimmte gesellschaftlich
tradierte Rollen eingeschränkt. Kindern
geschlechtsneutral begegnen zuwollen, ist
nicht möglich, weil Menschen sich immer
auch als geschlechtlicheWesen begegnen
(vgl.DiCV2013:7).Erziehungsarbeit prägt
das Geschlechterverhalten, gibt Kindern
Orientierung bei der Entwicklung eigener
Rollenbilder.
Arbeitshilfe für Genderpädagogik in der
Kita-Praxis
DieArbeitshilfe „Geschlechter-Perspek-
tiven - Mädchen und Jungen, Frauen und
Männer in katholischenTageseinrichtun-
gen für Kinder imErzbistumKöln“,die im
Rahmen des Projekts „MAIK – Männer
arbeiten in Kitas“ entwickelt wurde, gibt
Erzieher/innen Orientierung und An-
regungen für eine geschlechtersensible
pädagogischeArbeit. Sie erweitert dabei
das grundlegendeBildungsverständnis ka-
tholischerTageseinrichtungen für Kinder
imErzbistumKöln, das in derArbeitshilfe
„Menschen-Bildung“ beschrieben ist.Um
dienotwendigeGeschlechter-Perspektiven
zu verstehen ist dieArbeitshilfe dabei nicht
als neues Programm, sondern vielmehr
als Anregung und Aufforderung, einen
geschlechterbewussten Blick in der Ge-
staltung des personalen und dialogischen
Alltagsgeschehens einzunehmen.
Geschlechterbewusste Pädagogik ist
eine Querschnittsaufgabe in allen Bil-
dungsbereichen und Alltagssituationen.
Sie gibt dabei die Möglichkeit, den All-
tag mit Mädchen und Jungen auch aus
neuer Perspektive zu sehen, wenn etwa
die Frage gestellt wird, ob Mädchen und
Jungen in der Einrichtung die gleichen
Möglichkeiten und Chancen haben und
diese auch wahrnehmen.
D A N I E L A S T E F F E S
M.A. Personalentwicklung /
Diplom-Pädagogin, Projekt MAIK