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Kompakt Spezial 1/2013
c h r i s t o p h d a m m
Die Bedeutung von Genderkompetenz
für die Berufsorientierung in Kitas
C h r i s t o p h D a m m
Mit der bundesweiten Debatte um mehr
männliche Fachkräfte wurde auch die
Berufsorientierung in Kindertagesstätten
als Themenfeld relevant. Über Praktika
oder Aktionen wie den Boys’Day sollen
männliche Jugendliche für die Arbeit in
Kindertagesstätten begeistert werden.
Kitas sind damit sowohl zu Fragen der
Berufsorientierung als auch in der Refe-
xion von Geschlechterthemen gefordert.
Im Forum „Genderkompetenz in der
Berufsorientierung und ihre Bedeutung
für Kitas“ setzten sich die Teilnehmen-
den mit dieserAnforderung auseinander.
Wesentlich bei der Bearbeitung des The-
mas waren die Erfahrungen der Teilneh-
merinnen und Teilnehmer.Ausgegangen
wurde von der Situation, dass durch ver-
mehrteWerbung für den Beruf (wie z. B.
durchdenBoys’Day) bei Schülerinnenund
Schülern, Kitas nun vermehrt männliche
Praktikanten in der Einrichtung haben,die
es gilt anzuleiten und zu begleiten.
In so einer Situation kann es durchaus
zu – oft unerwarteten – Problemen kom-
men. Als Grund dafür werden falsche
oder überhöhte Erwartungen aufseiten
der pädagogischenMitarbeiterinnen und
Mitarbeiter sowie unklareVorstellungen
der Praktikanten benannt.Ähnliche Phä-
nomene können auch beobachtet werden,
wenn neue Personen als Mitarbeitende
für eine Kita gewonnen werden. Beson-
ders gut zeigt sich das, wenn männliche
Fachkräfte in einer Kita ihre Arbeit
beginnen. Entscheidend ist nämlich nicht
die
Männlichkeit
an sich. Dies wäre der
Fall, wenn
Männlichkeit
und
Kita
nicht
zusammenpassenwürden.Bei derDebatte
Männer inKitas
gehen wir davon aus, dass
Männlichkeit
in keiner Weise schlechter
zu Kita passt als
Weiblichkeit
. Zumal in
vielenFällen nicht klar ist,wie diese beiden
Kategorien zu defnieren sind und wo sie
sich voneinander abgrenzen.Vielmehr ist
das Erwartungsbild entscheidend,dass auf
einer kulturell geprägtenVorstellung von
Männlichkeit
basiert.
Erwartungen an männliche
Praktikanten und Fachkräfte
Dieses Erwartungsbild überlagert die
Wahrnehmung der Individualität des Prak-
tikanten. Auf dieser Grundlage werden
wiederum Entscheidungen an verschie-
denen Stellen getroffen.VonTeilnehmern
des
Landesarbeitskreises Männer in Kitas
Sachsen-Anhalt
1
wurde berichtet, dass
Praktikanten häufg für Aufgaben einge-
plant und eingesetzt wurden, diemännlich
konnotiert waren – unabhängig davon, ob
dies den Interessen und Neigungen des
Praktikanten im Einzelfall entsprach.
Klassische Beispiele sind Fußballspie-
len oder handwerkliche Arbeiten, aber
auch das Aufhängen von Bildern und
das Reparieren eines Fahrrads wurden
benannt.Auch diemännlichen Fachkräfte
im Forum konnten dies bestätigen und
davon berichten.
Darin steckt nicht per se ein Problem.
Entspricht die Aufgabe den Interessen
und Neigungen des Praktikanten, wird
dies nicht weiter auffallen. Erst wenn der
Praktikant dieAufgabe nicht gut fndet, sie
für ihn unerwartet kommt und er sie bspw.
widerwillig und lustlos ausführt, entstehen
möglicherweise Probleme.
Es sind folgende Reaktionen und sicher
noch vieleweitereMöglichkeiten denkbar.
Der Praktikant führt die Aufgabe durch
und ist selber unzufrieden, da dies nicht
seinem Interessengebiet, seinen Vorstel-
lungen und Erwartungen an die Arbeit
in der Kita entspricht. Er hatte sich bspw.
mehr Bastelangebote oder das Singen
von Liedern gemeinsam mit den Kin-
dern erhofft. Eine Mitarbeiterin der Kita
bemerkt die Stimmung und ist enttäuscht,
da sie bzgl. des Engagements des Prakti-
1 Der Landesarbeitskreis Männer in Kitas (LAK) ist
angegliedert an das Kompetenzzentrum geschlechter-
gerechte Kinder- und Jugendhilfe Sachsen-Anhalt e.V.
(KgKJH). Im LAK sind aktuell 42 männliche Fachkräfte
aus Krippen, Kitas und Horten in Sachsen-Anhalt
organisiert.