Page 16 - geschlechterperspektiven

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5 Armut und Geschlecht
Das Bildungskonzept der katholischen Tageseinrichtungen für Kinder im Erzbistum
Köln setzt einen besonderen Akzent auf das notwendige Engagement für arme
bzw. sozial benachteiligte Kinder (Bildungskonzept, S. 11).
Katholische Tageseinrichtungen für Kinder im Erzbistum Köln, sowie darüber
hinaus das gesamte kirchliche Umfeld, stellen eine wichtige Ressource für die
Verbesserung der Lage armer Kinder und deren Familien dar.
Armut hat viele Gesichter. Hat sie auch ein Geschlecht? Ergebnisse der
Armutsforschung zeigen, dass Frauen und Männer, Jungen und Mädchen nicht
gleichermaßen von Armut betroffen sind. „Weder die quantitative noch die qua-
litative Dimension von Armut ist für weibliche und männliche Menschen gleich“
(Wallner, 2010, S. 29). Zunächst ist festzustellen, dass Armut tendenziell „weib-
lich“ ist: Frauen sind häufger arm. Der politische Slogan „Armut ist weiblich“ ist
jedoch zu pauschal. Es sind bestimmte gesellschaftliche Gruppen und soziale
Faktoren, die mit einem höheren Armutsrisiko verbunden sind.
Insbesondere Alleinerziehende sind von Armut betroffen. Die katholische
Arbeitsgemeinschaft Interessenvertretung Alleinerziehende (AGIA) konsta-
tiert anlässlich der Veröffentlichung des 4. Armuts- und Reichtumsberichtes:
„Alleinerziehende sind mit deutlichem Abstand die größte von Armut betrof-
fene gesellschaftliche Gruppe. Dies ist ein erschreckender Befund, bedeutet er
doch, dass sich Armut von Alleinerziehenden, zumeist Frauen mit minderjährigen
Kindern, manifestiert“ (AGIA, 2013, S. 1).
In diesem Zusammenhang kommt Tageseinrichtungen eine besondere Bedeutung
zu. Die katholische Interessenvertretung kritisiert: „Für Alleinerziehende ist die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiterhin sehr viel schwieriger zu errei-
chen, weil fehlende Betreuungsplätze und unfexible Betreuungszeiten schon ein
Elternpaar oft vor nahezu unüberwindliche Probleme stellen“ (ebd.). Die AGIA
fordert daher unter anderem einen konsequenten Ausbau einer qualitativen und
wohnortnahen Kinderbetreuung.
In Bezug auf die Kinder sind Geschlechterunterschiede zunächst von geringerer
Bedeutung. Jungen wie Mädchen sind in Deutschland in der Regel gleicherma-
ßen von Armut betroffen – anders als in manchen anderen Ländern, in denen
Mädchen die Folgen von Armut oft noch stärker spüren, z.B. weil nur Jungen ein
Schulbesuch ermöglicht wird.
Allerdings gibt es Zusammenhänge zwischen Geschlecht, Bildung, berufi-
chen Orientierungen und späterem Armutsrisiko. Eingeschränkte und einsei-
tige Lebensperspektiven und berufiche Orientierungen schränken die späteren
Möglichkeiten sowohl von Frauen als auch von Männern ein, angesichts sich
verändernder gesellschaftlicher Verhältnisse ein Auskommen zu fnden und ein
selbstbestimmtes Leben führen zu können.
Daher ermöglichen katholische Tageseinrichtungen Mädchen wie Jungen, sich
vielseitig zu entwickeln und unterschiedliche Lebensmodelle und berufiche
Orientierungen kennenzulernen.
Armut ist tendenziell
„weiblich“ – aber nicht
pauschal
Alleinerziehende
besonders von Armut
betroffen
Jungen und Mädchen
gleichermaßen von Armut
betroffen
Vielseitige Entwicklung
wichtig für ein
selbstbestimmtes Leben
Kap. 5 Armut und Geschlecht