Page 17 - geschlechterperspektiven

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6 Pädagogische Fachkräfte sind Frauen und Männer
Kinder lernen in den ersten Lebensjahren viel über die Geschlechter und über
sich selbst als Mädchen und Jungen. Daher ist es wichtig, dass sie in ihrem Alltag
sowohl Frauen als auch Männer als vielfältige Vorbilder und Gegenüber erleben
können. Dabei sind nicht nur die Eltern und andere familiäre Bezugspersonen,
sondern auch die Fachkräfte in der Kindertageseinrichtung von großer Bedeutung.
Erzieherin: ein Frauenberuf?
Erzieherin ist von jeher ein „Frauenberuf“. Der Anteil von Frauen am pädagogi-
schen Personal von Kindertageseinrichtungen liegt in Deutschland bei über 96
Prozent, in Nordrhein-Westfalen bei ca. 97 Prozent (Koordinationsstelle Männer in
Kitas 2013). In den katholischen Tageseinrichtungen für Kinder im Erzbistum Köln
waren im Jahr 2012 ca. 98 Prozent der Beschäftigten weiblich.
Für viele Menschen ist es bis heute selbstverständlich, dass Erziehung und
Betreuung von kleinen Kindern in den Händen von Frauen liegt. Dies beruht auf
Vorstellungen der Geschlechter aus dem 19. Jahrhundert, in dem die ersten
Betreuungseinrichtungen für kleine Kinder entstanden. In dieser Zeit wurde der
Beruf der Kindergärtnerin als dem „natürlichen Wesen“ der Frau entsprechend
gesehen. Davon ausgehend wurde für soziale und pfegerische Berufe das Ideal
einer „geistigen Mütterlichkeit“ formuliert.
Heute hat sich das Berufsbild weit von diesen Ursprüngen entfernt. Als pro-
fessionelle Fachkräfte, die Bildungsprozesse von Kindern begleiten, entwickeln
Erzieherinnen und Erzieher in katholischen Tageseinrichtungen für Kinder im
Erzbistum Köln vielfältige Kompetenzen und bilden sich kontinuierlich weiter.
Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Sozialisation als Frau
bzw. Mann.
Gleichzeitig besteht heute Übereinstimmung darüber, dass die entscheiden-
den Kompetenzen, die in der Arbeit mit Kindern erforderlich sind, nicht an
das Geschlecht gebunden sind. In der aktuellen „Tandem“-Studie stellen die
Forscherinnen und Forscher dazu fest, dass sich qualifzierte weibliche und männ-
liche Fachkräfte in Bezug auf die Qualität ihrer pädagogischen Arbeit nicht grund-
sätzlich unterscheiden (Andrä/Andrich-Schneider/Brandes, 2013). Gleichzeitig
gibt es gute Gründe dafür, mehr Männer in Kindertageseinrichtungen zu beschäf-
tigen (Rohrmann, 2012a). Erzieher ist auch ein „Männerberuf“!
Männer und Frauen in der Kita – gemeinsam stark für Kinder und Eltern
Es gehört (mit) zum Auftrag von Kirche, Modell für das gleichwertige und partner-
schaftliche Zusammenleben und -wirken von Männern und Frauen zu sein (vgl.
Deutsche Bischofskonferenz, 1981). Katholischen Tageseinrichtungen für Kinder
streben in diesem Sinn eine gemeinsame Erziehung durch männliche und weib-
liche Fachkräfte an. Mit gemischtgeschlechtlichen Teams wird die Überzeugung
zum Ausdruck gebracht, dass Betreuung und Erziehung von Kindern in der
Verantwortung beider Geschlechter liegt.
Jungen und Mädchen sollen gleichermaßen durch qualifzierte weibliche und
männliche Fachkräfte betreut, erzogen und gebildet werden. Auch Mütter und
Väter als Erziehungsberechtigte sollen gleich-‐und gegengeschlechtliche päd-
agogische Fachkräfte als Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in den
Einrichtungen fnden, die sie unterstützen.
Bemerkenswert ist, dass bereits Friedrich Fröbel, einer der Begründer des
Kindergartens im 19. Jahrhundert, die Ansicht vertreten hatte, dass beide
Geschlechter für die Erziehung von kleinen Kindern wichtig seien: „Die Erziehung
zur Bildung des Menschen soll nicht nur dem weiblichen Geschlecht übertra-
Männliche und weibliche
Vorbilder
Auseinandersetzung mit
der eigenen Sozialisation
als Frau bzw. Mann
Professionalität kennt kein
Geschlecht
Betreuung und
Erziehung von Kindern
in Verantwortung beider
Geschlechter
Kap. 6 Pädagogische Fachkräfte sind Frauen und Männer