Page 18 - geschlechterperspektiven

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gen werden, sondern das mehr von außen lehrende männliche Geschlecht gehört
nach dem Gesetz des Gegensatzes nicht minder dazu, und seine Mitwirkung zur
Bildung muss nicht nur in den Knaben- sondern schon in den Kinderjahren begin-
nen“ (zit. nach Rabe-Kleberg, 2003, S. 44).
Er hatte allerdings zu seiner Zeit damit keinen Widerhall und vor allem auch keine
männlichen Pädagogen gefunden. Die Geschichte des Erzieherinnenberufs als
„weibliches“ Arbeitsfeld nahm ihren Lauf.
In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts fragte dann Elena Belotti in ihrem Buch
„Was geschieht mit den kleinen Mädchen?“, einem Klassiker zur Sozialisation
von Mädchen: „Warum sollte man also nicht auch dem Mann vorschlagen, als
Erzieher zu arbeiten?“ (Belotti 1975, S. 113). Belotti beschreibt das Miteinander
von Frauen und Männern allerdings etwas anders als Fröbel:
„DieAnwesenheitvonFrauenundMännerninKindergärtenundVorschulkindergärten
würde den Kindern ein reales Bild einer wirkungsvollen Wechselseitigkeit geben,
die automatisch die Polarisierung der geschlechtsspezifschen Rollen verhindern
würde.“ (Belotti 1975, S. 123).
Fröbel und Belotti waren gleichermaßen der Ansicht, dass Männer schon für die
Erziehung kleiner Kinder bedeutsam sind, und sind damit auch heute noch sehr
aktuell. Die beiden Zitate berühren darüber hinaus zwei scheinbar gegensätzliche
Aspekte, die für geschlechtergemischte Teams sprechen. Auf der einen Seite sind
Frauen und Männer unterschiedlich und daher eine Bereicherung für Kinder. Dies
belegen auch Forschungsergebnisse zur Bedeutung von Vätern und Müttern für
Kinder. So schreibt Jean Le Camus: „Für die soziale Entwicklung des Kindes ist
die Familienkonstellation am besten, bei der die Erziehungsfunktion des Vaters
sowohl ausreichend vorhanden ist als sich auch genügend von der Mutter unter-
scheidet“ (2001, S. 48). Anderssein ist also in Ordnung!
Dies muss jedoch nicht bedeuten, dass der Mann auf die „von außen lehrende
Rolle“ festgelegt wird, wie Fröbel meinte. Denn auf der anderen Seite können
Frauen und Männer in gleicher Weise für Kinder da sein. In vieler Hinsicht unter-
scheiden sich männliche und weibliche Fachkräfte nicht, zudem sind individu-
elle Unterschiede bedeutsamer als Geschlechterunterschiede. Wenn Kinder ein
Miteinander von weiblichen und männlichen Fachkräften in allen Bereichen des
Alltags erleben, dann wirkt dies stereotypen Bildern entgegen. Sie heben damit
die Trennung von Frauen- und Männerwelten auf und zeigen, dass Frauen und
Männer gleichermaßen fähig sind, Kinder zu betreuen, zu erziehen und zu bilden
sowie einander in partnerschaftlicher Weise mit Wertschätzung und Respekt zu
begegnen und zusammenzuarbeiten.
Unterstützung von männlichen Fachkräften
Im Jahr 2012 arbeiteten ca. zwei Prozent männliche Fachkräfte in den katho-
lischen Kindertageseinrichtungen im Erzbistum Köln. Der Anteil männlicher
Fachkräfte steigt tendenziell an.
Wie Studien zeigen, sind männliche Fachkräfte insgesamt erwünscht und wer-
den oft positiv gesehen, nicht selten sogar idealisiert. Sie werden von Kolleginnen
positiv aufgenommen und von Eltern und Kindern zuweilen begeistert begrüßt.
Manchmal werden aus dieser Idealisierung heraus überzogene Erwartungen an
sie gestellt, die sie – als oft einziger Mann in einer Einrichtung – gar nicht erfüllen
können. Auf der anderen Seite wird ihnen auch Skepsis und Misstrauen entgegen
gebracht. Ihre Berufsentscheidung, nicht selten auch ihre „Männlichkeit“ an sich,
wird mit Andeutungen oder auch offener Kritik in Frage gestellt.
Zudem sehen sich viele Männer einem so genannten „Generalverdacht“ gegenüber,
demzufolge Männer in pädagogischen Berufen per se möglicherweise pädophil
Geschlechtstypische
Polarisierung verhindern
Männer schon für die
Erziehung kleiner Kinder
bedeutsam
Trennung von Frauen-
und Männerwelten
aufheben
Männliche Fachkräfte
erwünscht
Zwischen Idealisierung
einerseits und Skepsis und
Misstrauen andererseits