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Kompakt 2/2013
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Ausbildung in der Kita
Verantwortung übernehmen, begleiten und Erfolge sehen
Fabio ist bereits im zweiten Ausbildungs-
jahr zumErzieher. In der Kita St. Raphael
inWachtberg bei Bonn kommt er seinem
Traumberuf immer näher. Fabio ist einer
von bislang wenigenmännlichen Schülern
an einer Fachschule, die sich für eine pra-
xisintegrierte Ausbildung entschieden
haben.
Morgens, halb zehn, in der Kita St.Rapha-
el: Fabio bereitet gerade zusammen mit
den Kindern das Frühstück vor.Aufgaben
werden verteilt,Tische und Stühle gerückt
und die Mädchen und Jungen freuen sich
bereits auf die Leckereien. Alle kennen
ihreAufgabe und jeder weiß, was er oder
sie zu tun hat.
Und Fabio ist bis auf die zwei Tage, an
denener zumBerufskollegnachWuppertal
fährt, jedenMorgenmit dabei. „Ich wollte
auf jeden Fall direkt in die Praxis, von der
Schule hatte ich erst einmal genug.Daher
kam für mich nur eine praxisintegrierte
Ausbildung in Frage“, erklärt Fabio. Ei-
gentlich ein bewährtesAusbildungsmodell,
das imEinzelhandel oder Handwerk eine
lange Tradition hat, doch für die Ausbil-
dung zur staatl. anerkannten Erzieherin /
zum staatl. anerkannten Erzieher ist diese
Form des Lernens fast noch ein Novum.
Bislang gibt es in NRW nur sehr verein-
zelt Berufskollegs, die eine dreijährige
kombinierte Theorie/Praxisausbildung
ermöglichen.
Bewegung in der Ausbildung
Doch nun ist Bewegung in dieAusbildung
gekommen: Nicht zuletzt auch vor dem
Hintergrund des Fachkräftemangels in
den Kitas. In immer mehr Bundesländern
bieten Berufskollegs neben der bislang
üblichen schulischenAusbildung (das heißt
zwei Jahre vollschulischeAusbildung plus
einAnerkennungsjahr in der Praxis) nun
duale oder praxisintegrierteAusbildungs-
formen an. Baden-Württemberg kann als
Vorreiter bei dieser Entwicklung genannt
werden.Als eines der erstenBundesländer
wurde dort, mit verbindlichen Leitlinien,
die praxisintegrierteAusbildung (PIA) zur/
zum Erzieher/zur Erzieherin, verankert.
DieAusbildung dauert auch in der praxis-
integrierten Formnach wie vor drei Jahre.
Hier sind dieAuszubildenden jedoch ab-
wechselnd imBerufskolleg und in der Pra-
xis – und das vom ersten Ausbildungstag
an.Der Unterricht amBerufskolleg fndet
an zwei oder dreiTagen in derWoche statt.
Die restliche Zeit wird in der Einrichtung
gelernt, sodass die Theorie direkt in der
Praxis angewandt werden kann.Einweite-
rerVorteil:Auszubildende werden bei der
ausbildendenPraxiseinrichtung eingestellt.
Durch diese kontinuierlicheArbeit in der
Einrichtung können neben praktischen
Erfahrungen auch engere Beziehungen
zu den Kindern aufgebaut werden.
Das Erzbischöfiche Berufskolleg Köln
Abteilung am„AmKrieler Dom“ erprobt
ab dem Schuljahr 2013/2014 die praxisin-
tegrierteAusbildung. Die Vorteile dieser
Ausbildungsform liegen für Fabio auf
der Hand: „Wenn ich etwas Neues ge-
lernt habe, kann ich das sofort in meiner
Kindergruppe ausprobieren. Und wenn
noch eine Frage aus demUnterricht offen
ist, dann kann ich in meiner Kita sofort
nachfragen“.
Er kann sich ganz auf die Kinder einlas-
sen, Beziehungen aufbauen und, für ihn
am wichtigsten, ihre Entwicklungsschrit-
te beobachten. „Ich habe nicht nur eine
Momentaufnahme von den Kindern“,
freut sich Fabio. Das ist bei einem vier-
bis sechswöchigen Blockpraktikum, wie
es in der schulischenAusbildung der Fall
ist, gar nicht möglich.
Mehrwert für die Praxis
Kitaleiterin Silvia Parting weiß um den
Mehrwert der praxisintegrierten Aus-
bildung: „Es ist einfach eine andere Zu-
sammenarbeit möglich, weil Fabio über
drei Jahre lang kontinuierlich in der Kita
mitarbeitet, zumBeispiel bei der Beobach-
tung und Dokumentation. Im erstenAus-
bildungsjahr hat er sich bei den Kollegin-
nen angeschaut,wie dasVerfahren abläuft.
Was ist wichtig undwie dokumentiert man
das. Er bekam die Aufgabe, im Rahmen
eines Konzeptionstages gemeinsam mit
Kolleginnen,dieBeobachtungsinstrumen-
te weiter zu entwickeln. Jetzt im zweiten
Ausbildungsjahr arbeitet er eigenständig
mit demvon ihmentwickelten Instrument
und imdritten Jahr wird er dies dann voll-
kommen selbständig umsetzen und auch
Elterngespräche führen“, erläutert Silvia
Parting.Wo in der schulischenAusbildung
nur kurze Einblicke in den Kitaalltag
gewährt werden können und somit auch
vieleAufgaben aufgrund der Komplexität
nicht übertragbar sind, so ist dies in der
gleichzeitigen praktischenAusbildungszeit
möglich.
Für die Kitaleiterin war die praxisinte-
grierte Ausbildung etwas völlig Neues
und auch in zweifacher Sicht einWagnis:
Der erste Mann in der Einrichtung und
eine neue Form derAusbildung.Dass die
Erzieherausbildung auch in der Form an-
geboten wird, war sowohl demTeam, wie
auch demKita-Träger, der Pfarrgemeinde
St.Marien,unbekannt.Doch schnell waren
sich Träger und Team einig, dass man aus
dieser Art der Ausbildung mehr für die
eigene Kita schöpfen kann. Nicht zuletzt
überzeugte Fabio durch seine Persönlich-
keit und punktetemit seinen Erfahrungen
beispielsweise als Jugendgruppenleiter.
Auch die Pfarrgemeinde als Träger der
Kita befürwortete die Einstellung, obwohl
es einige Fragen imVorfeld zu klären galt:
Wird der Auszubildende auf den Perso-
nalschlüssel angerechnet?Wie hoch ist die
Ausbildungsvergütung und ganz praktisch:
wie wird der Einsatz im Gruppendienst
organisiert? Fabio alsAzubi,wird nicht mit
auf den Personalschlüssel der Einrichtung
p r o j e k t m a i k