Page 16 - kompakt-2-2013

This is a SEO version of kompakt-2-2013. Click here to view full version

« Previous Page Table of Contents Next Page »
16 
Kompakt 2/2013
Lauter kleine Prinzessinnen
und Piraten
Wie können wir die ganzeWelt des Spiels,
der Interessen und des Lernens für klei-
ne Mädchen und Jungen öffnen? – diese
Frage stand imMittelpunkt des fachlichen
Diskurses, zu dem sich rund 40 Fachkräfte
aus dem Bereich der Kindertagesbetreu-
ung am 7. Juni 2013 in Dormagen einge-
funden hatten.
Eingeladen hatte das Projekt „MAIK –
Männer arbeiten in Kitas“ des Diözesan-
Caritasverbandes für das ErzbistumKöln
e.V. (DiCV) inKooperationmit demFach-
bereichKinder,Familien und Senioren der
Stadt Dormagen.
„Die ersten Lebensjahre von Mädchen
und Jungen spielen für die Entwicklung
ihrer Geschlechtsidentität und für Kons-
truktions- und Aneignungsprozesse von
„Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ eine
bedeutsame Rolle. Die Kinder entschei-
den imRahmen ihrer Möglichkeiten, was
für ein Mädchen oder Junge sie sind bzw.
sein wollen, und ob sie sich mit den ge-
schlechtstypischen sozialen Erwartungen
identifzieren oder nicht.Dabei orientieren
sie sich an vorgelebtenRollenvorbildern –
Erwachsenenundder eigenenpeer group“,
mit diesemZitat aus den Bildungsgrund-
sätzen NRW leitete Dorothea Herweg,
Projektleiterin, ihre Eröffnungsrede ein.
Bei der Entwicklung der Geschlechts­
identität von Kindern spielen also auch
die pädagogischen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter in Kitas eine wichtige Rolle.
Sehr anschaulich stellte Frau Dr.Wallner,
eine Expertin auf dem Gebiet der Gen-
derpädagogik, dar, wie Erwachsene, die
Gesellschaft und vor allemdieWerbe- und
Spielzeugindustrie Mädchen und Jungen
bei der Entwicklung ihrer Geschlechts­
identität beeinfussen.Dabei, so führteDr.
Wallner aus, nehme die Geschlechterste-
reotypisierung vor allem bei den Spielan-
geboten im Kleinkindbereich stark zu.
So gibt es beispielsweise Babypuppen zum
Stillen, die kleinenMädchen mit dem Slo-
gan: „learn for life“, angeboten werden.
Auch geschlechtsneutrale Alltagsgegen-
stände werden zunehmend durch Figuren
und durch die Farbgestaltung, meist rosa
oder blau, auf Mädchen und Jungen zu-
geschnitten. Das sieht man beispielswei-
se bei Lilli-Fee und Bob der Baumeister
Butterbrotdosen,Trinkfaschen oder rosa
Überraschungseiern.Die Farbgebung zeigt
Kindern, für welchesGeschlecht dasAnge-
bot vorgesehen ist.Von einer „Pinkifzie-
rung“ beiMädchenspielzeug undKleidung,
könneman sprechen,betonte dieExpertin.
„Wenn wir Mädchen nur auf das Schön-
sein, Körperlichkeit und Pfegespiele re-
duzieren und Jungen aufs Cool-sein, dann
stehlen wir ihnen, durch diese Engführung
der Lebensumwelt, die Hälfte der Welt“,
so Dr.Wallner.
In der geschlechtsbewussten Pädagogik
geht es darum, allzu frühe Einschränkun-
gen aufzuheben undMädchen und Jungen
zu ermutigen, sich die Welt anzueignen
– egal, ob sie weiblich oder männlich zu-
geschrieben ist und in denAngeboten der
Kitamöglichst vieleAngebote undRäume
zu gestalten, die eben nicht geschlechts-
spezifsch besetzt sind.
Im zweitenTeil desVormittages erhielten
die Fachkräfte praktischeTipps undAnre-
gungen in dreiWorkshops.Neben FrauDr.
Wallner, die in ihremWorkshop „Wie wer-
den wir Gender-Kita?“Konzepte zur ge-
schlechterbewusstenArbeit imKita-Alltag
angerechnet. Das ist ein kleiner Luxus,
der dem Team und vor allem aber den
Kindern zugutekommt.Ebenso entschied
derTräger,dass Fabio eineAusbildungsver-
gütung von 700 Euro erhält, die im Laufe
der Ausbildung auf 800 Euro steigt.
Auch die Zusammenarbeit mit der Schule
gestaltet sich als Gewinn. Zum Jahresbe-
ginnwird einAusbildungsplan erstellt.Da-
rin legen Fabio und Silvia Parting gemein-
sam fest,welche Fachkenntnisse vermittelt
werden und welche Ziele erreicht werden
sollen.EinLehrer der Schule kommt zwei-
mal pro Jahr in die Kita und schaut sich in
der Praxis die Fortschritte von Fabio an.
„Am Ende jeder Woche führen wir ein
Refexionsgespräch, bei dem wir Fragen
klären,Arbeitsaufträge prüfen und neue
festlegen.Dass Fabio ein festesTeammit-
glied ist, ist für uns und unsereArbeit ein
Mehrgewinn.Dadurch schauenwir genau-
er auf die eigeneArbeit und hinterfragen
mehr. Auch die schulischen Kenntnisse
und Informationen von Fabio, die dieser
quasi „frisch“ ins Team einbringt, halten
uns auf einem aktuellen Stand“, erläutert
die Kitaleiterin.
Für Silvia Parting und ihrTeam steht fest,
dass die praxisintegrierteAusbildung viele
Vorteilemitbringt und diese weiter ausge-
baut werden sollte. „Da sieht man,wie sich
gute Erzieher und Erzieherinnen entwi-
ckeln und vor allemwird einemdeutlicher
bewusst, welchen eigenenTeil man selbst
dazu beiträgt. Bei den meisten Schülerin-
nen und Schülern, auch bei denen, die im
Anerkennungsjahr da waren, weiß man
nicht,was aus ihnenwird.Undwenn Fabio
seine Ausbildung erfolgreich abschließt,
dann ist das auch ein Stück mein Erfolg
und der des gesamtenTeams“, sagt Silvia
Parting und ist sich ganz sicher, dass aus
Fabio ein toller Erzieher wird. Einer, der
die Praxis liebt.
D a n i e l a S t e f f e s
Projektreferentin MAIK
A n n a W o z n i c k i
Referentin für Presse- und Öffentlichkeits-
arbeit
a k t u e l l e s