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Kompakt 2/2013
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p r a x i s k o n k r e t
Wozu werden die Kikos genutzt?
Unsere Zweijährigen erfahren/wissen:
Hier kann ich erzählen, was mir wichtig
ist und alle hören zu. Das sind oft wichti-
ge Erlebnisse, wie z.B. „Ich war mit Papa
im Zoo!“ Unsere älteren Kinder haben
spezielle Wünsche an ihre Gruppe: z.B.
– ein neues Projektthema wird vorge-
schlagen
– die Lieblingsmütze ist verschwunden
und es wird Hilfe beim Suchen und
Finden benötigt
– es gab Ärger und es wird eine neue
Absprache für das Zusammenleben
benötigt
– es ist derWunsch nach einer anderen
Gestaltung des Gruppenraumes oder
der Gestaltung der Einrichtung ent-
standen
so wie vieles andere mehr. Auch die
ErzieherInnen bringen sich mit Ihren
Wünschen, Ideen, Sorgen die das Leben
in der Einrichtung betreffen u.v.m. in die
Kinderkonferenzen ein.
So beschäftigten sichKinder einerGruppe
z.B. im letzten Jahr intensiv mit Berufen
ihrer Eltern und die Schulanfänger der
Gruppe stießen auf das Wort „Meister-
brief“. In einer von ihnen einberufenen
Kinderkonferenz erklärten und diskutier-
ten sie lebhaft und fassten Vermutungen
zusammen, baten ihre Erzieherin Fragen
aufzuschreiben und beschlossen derThe-
matik auf den Grund zu gehen. So ent-
stand eine Projektgruppe „Meisterbrief“
im Projekt „Berufe“. In einer weiteren
Kinderkonferenz dieser Projektgruppe
wurde der Besuch in der Handwerkskam-
mer vorgeschlagen,diskutiert,abgestimmt,
beschlossen und das weitere Vorgehen
festgelegt.
Vielleicht fragen Sie sich: Und das
klappt im Ablauf?
Ja. Es gibt feste Regel und Absprachen:
1. Nur einer redet.
2. Alle anderen hören zu.
3. Jeder Beitrag ist wichtig.
4. Niemand wird ausgelacht.
Natürlich kommt es vor, dass Kinder ver-
suchen denAblauf zu stören.Dazu haben
dieKinder folgendeHilfsmittel entwickelt:
Wie auf demFußballfeld gibt es eine gelbe
und eine rote Karte.Der Konferenzleiter
darf,wenn einKind oder ein Erwachsener
stört, die gelbe Karte zeigen, d.h. „strenge
Verwarnung“.Fruchtet das nicht,kann der
Konferenzleiter zur roten Karte greifen,
d. h. „Platzverweis“: Das Kind darf an
dieser Konferenz nicht mehr teilnehmen
und muss den Kreis verlassen. Dies ist in
der Vergangenheit selten gewesen und
betroffenenKindern höchstens 1x passiert.
Wer ist der Konferenzleiter?
Unser Ziel ist, dass dies immer die Schul-
anfänger eines Jahres sind. In unserer
Einrichtung arbeiten wir nun seit gut
einem Jahr intensiv mit dieser Form der
Partizipation. Zu Beginn war dies für die
Schulanfänger des Kitajahres noch wirk-
lich schwer – ihr Stolz jedoch riesig groß,
wenn sie dieseHerausforderung bewältigt
hatten. Inzwischen freuen Sie sich sehr,
wenn sie in die Rolle des Kiko-Leiters
schlüpfen.
Wie funktioniert das mit Kindern
ab 4 Monaten?
Sie fragen sich: Schaffen die das?Aus mei-
ner persönlichen Berufserfahrung mit 10
Jahren Kinderkonferenzen (Erfahrung in
verschiedenen Einrichtungenmit z. B.Typ
I-Gruppen, Düsseldorfer Familiengrup-
pen), in denen sich die hier vorgestellte
Formmit Kindern gemeinsam entwickelt
hat, weiß ich, dass dies sehr gut möglich
ist. In unserer künftigen Typ II-Gruppe
(4 Monate – 3 Jahre) ist es grundsätzlich
unser Anliegen, diese jungen Kinder gut
in die Pädagogik des Hauses einzuführen,
sie dabei altersgerecht zu begleiten. Im
Hinblick auf die Kinderkonferenzen ha-
ben wir imTeam beschlossen, regelmäßig
einen Morgenkreis zu halten, in dem die
Kinder auf ihremmit/vonMama und Papa
gestalteten Kissen sitzen/liegen. Es wird
dann um ihr Befnden, ihreWünsche, ihr
Ankommen und Leben in der Kita gehen.
Altersgerecht gestaltetmit entsprechender
Struktur,Ritualen,Liedern usw. So haben
die Kinder die Möglichkeit ihre Bedeut-
samkeit in der Gruppe zu erfahren, sich
und andere bewusst in dieser Formwahr-
zunehmen. Wie sich das in der Praxis in
dieser Gruppenform entwickelt, wird das
künftige gemeinsame Leben der Gruppe
zeigen.Die Kinder derTyp I-Gruppe (Al-
ter der Kinder 2-6 Jahre) haben für sich
gesorgt: Es gibt die Regel: Kinder unter
drei Jahren müssen nicht teilnehmen. Sie
dürfen – aber nur, wenn sie in Ruhe da-
bei sitzen wollen und den Verlauf nicht
stören. Die Zweijährigen machen damit
die Erfahrung, ich bin erwünscht, ich bin
wichtig und es gibt Ansprüche denen ich
mich anpassen muss, wenn ich dabei sein
möchte.
Was gibt es sonst noch zu berichten?
Es gibt bei uns „kleine Kinderkonferen-
zen“ und „große Kinderkonferenzen“.
Die „kleinenKikos“ fnden in der Gruppe
statt, die „großen Kikos“ betreffen unse-
re gesamte Kita und fnden in unserem
Bewegungsraum statt. Hier werden viele
wichtigeAbsprachen getroffen,Beschlüsse
gefasst und dann umgesetzt. ImMoment
sind wir dabei neueWege für die „großen
Kikos“ zu fnden, denn es wird in Zukunft
schwieriger werden, bis zu 81 Kinder in
den verschiedenen Altersgruppen gut
einzubinden. Unser Wunsch ist die Ent-
stehung eines Kinderparlaments, in denen
Abordnungen der Gruppen gemeinsam
tagen, Beschlüsse fassen, um diese dann
in die Gruppen zurück zu geben.
Auch dazu kann ich aus meiner Erfahrung
sagen, dass es funktionieren kann, wenn
die Strukturen der Einrichtung entspre-
chend gestaltet sind. Das heißt, es gibt
nicht den ultimativ richtigen Weg. Es ist
ein herausfordernder, jedoch interessanter
und in meinen Augen absolut lohnender
Weg. Ich bin immer wieder erstaunt, wie
ernsthaft, gewissenhaft und produktiv die
Kinder dabei und bereit sind, ihr Leben in
der Einrichtung zu gestalten, wenn man
ihnen ihre entsprechenden Rechte dazu
einräumt.
Ein weiteres Ziel ist, das die Kinder sich
für denRat der Einrichtung,aus demTeam
eine Person ihresVertrauens bestimmen,
die sie dort vertritt. Mal sehen, wir sind
und bleiben auf demWeg.
ImHinblick auf das Recht auf Beteiligung
von Kindern im Leben der Kindertages-
einrichtung,kann undmöchte ich –auch im
NamenmeinesTeams- allenMut machen,
sich zu trauen, etwas für die Einrichtung
Passendes im eigenen Team und mit den
Kindern zu entwickeln.