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KOMPAKT 2/2013
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C H R I S T I N A D I C K / U W E W E I L A N D
Erziehungsberatung inklusiv
Erziehungsberatung für Eltern mit einem behinderten Kind
C H R I S T I N A D I C K
Caritasverband Düsseldorf e.V., Erziehungs-
und Familienberatungsstelle Wersten
U W E W E I L A N D
Caritasverband Düsseldorf e.V., Erziehungs-
und Familienberatungsstelle Wersten
Alle Familien haben aufgrund des Rechts-
anspruchs aus demKinder- und Jugendhil-
fegesetz die Möglichkeit, bei Fragen zur
Erziehung oder familiären Schwierigkei-
ten, Hilfe in Form von Familien- und Er-
ziehungsberatung inAnspruch zu nehmen.
Die 2009 inDeutschland inKraft getretene
UN-Behindertenrechtskonvention zielt
unter anderem darauf ab, Menschen mit
Behinderung Zugang zu allen Institutio-
nen undDienstleistungen zu ermöglichen.
Auch die Beratungsstellen sind deshalb
gefordert, ihreAngebote sowohl räumlich
als auch inhaltlich barrierefrei so zu gestal-
ten, dass alle Familien sie nutzen können.
Unterschiedliche Bedürfnisse
Der Caritasverband Düsseldorf hat eine
Reihe von Angeboten entwickelt, um
diesen Gedanken der Inklusion in die
Praxis der Erziehungs- und Familienbe-
ratungsstellen umzusetzen und auf unter-
schiedlichste Bedürfnisse von Familien
einzugehen.Familienmit Hörbehinderung
haben dieMöglichkeit, die verschiedenen
Beratungsangebotemit Hilfe einerGebär-
densprachdolmetscherin wahrzunehmen.
Für Familien, die durch Sucht oder psy-
chische Erkrankung belastet sind, gibt es
zusätzlicheAngebote,die sowohl Eltern als
auch Kindern helfen,mit der besonderen
Familiensituation umzugehen.
Das jüngsteAngebot „Erziehungsberatung
für Familienmit einembehindertenKind“
trägt der Tatsache Rechnung, dass Eltern
mit einem behinderten Kind gleicherma-
ßen Fragen zu allgemeinen Erziehungs-
themen haben, es zusätzlich aber Fach-
wissen über Behinderung und den damit
verbundenen Psychodynamiken bedarf,
um diese Familien adäquat zu beraten.
Sowohl Eltern als auch Fachkräfte, die
mit behinderten Kindern arbeiten, haben
die Möglichkeit sich zu Erziehungs- und
Familienthemen, psychosozialen Frage-
stellungen und Fragen der Integration
bzw. Inklusion an die Beratungsstellen
zu wenden.
Dabei wird das behinderteKind,wie jedes
Kind, in seiner ganzen Persönlichkeit ge-
sehen und nicht auf sein Defzit reduziert.
Es geht vorrangig umdieOrientierung des
erzieherischen Handelns an den Bedürf-
nissen von Kindern imAllgemeinen und
erst im zweiten Schritt umdie besonderen
Bedürfnisse von behindertenKindern um
IhreTeilhabe sicher zu stellen. Jedes Kind
soll dabei unterstützt werden, sich dieWelt
gemäß seines Entwicklungstempos und
seiner Interessen anzueignen. Dafür gilt
es in der Beratung Eltern und Fachkräfte
zu sensibilisieren
Großer Bedarf an Beratung
Gerade auch durch den begonnen gesell-
schaftlichen Prozess der Inklusion gibt es
aktuell einen großen Bedarf an Beratung
undUnterstützung. Für Eltern spielen ne-
ben Entwicklungs- und Erziehungsfragen
dieAkzeptanz der Behinderung, dieAus-
wirkungen der Behinderung auf das Fa-
milienleben, die Suche nach Entlastungs-
möglichkeiten sowie die Suche nach einer
geeigneten Kita oder Schule eine Rolle.
Für Fachkräfte stehen häufg Fragen der
angemessenen Betreuung und Förderung
von behinderten Kindern, der fachlichen
Unterstützung sowie der Zusammenarbeit
mit den Eltern imVordergrund.
Beim Fachtag lag der Schwerpunkt des
Forums auf den psychischen Bewälti-
gungsprozessen die Eltern erleben, die
ein behindertes Kind haben.Dabei wurde
deutlich,dassThemenwieTrauer,Erschöp-
fung,Zukunftsängste,Engagement für das
Kind und die Annahme der veränderten
Lebenssituation häufg jahrelange Beglei-
ter sind. Für Erzieherinnen ist es wichtig,
dieseThemen und Prozesse zu kennen,um
Verständnis für die Eltern zu entwickeln
und passende Unterstützung anzubieten.
Bewältigungsprozess
Wenn Kinder in die Kita kommen, stehen
Eltern manchmal noch am Anfang ihres
persönlichenBewältigungsprozesses.Häu-
fg werden Entwicklungsauffälligkeiten
sogar erst während der Kindergartenzeit
deutlich und Eltern sind zuerst geschockt,
dass mit ihremKind etwas nicht „in Ord-
nung“ sein soll und brauchen dementspre-
chendZeit,bis sieweitere Schritte angehen
können. Erzieherinnen sehen sich dann
oft durch drohende Entwicklungsdefzite
unter Druck gesetzt, möchten das Kind
schnellstmöglich diagnostizieren lassen,
damit es adäquat gefördert werden kann.
Für Erzieherinnen kann es dann eine He-
rausforderung sein, die Entwicklung des
Kindes imBlick zu behalten und gleichzei-
tig das Tempo der Eltern zu akzeptieren.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass jede
Familie und sogar jedes Elternteil die
Behinderung eines Kindes ganz individu-
ell verarbeitet. Für Eltern ist es hilfreich,
wenn Fachkräfte sie in ihren persönlichen
Bewältigungsprozessen unterstützen und
dabei sensibel sind für dieAnforderungen
undMehrbelastungen, die damit verbun-
den sind.