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KOMPAKT 1/2014
27
P R A X I S K O N K R E T
In unserer Zeit wird es für Kinder zuneh-
mend schwieriger diese Erfahrungen zu
machen. Sie stoßen in ihrem Drang nach
Selbsterprobung und Erforschung immer
häufger anGrenzen, die ihnen von außen
gesetzt werdenund ihreBewegungsfreiheit
extrem einschränken. Der Kindergarten
trägt, als erste Stufe des Bildungssystems,
eine besondereVerantwortung, gegen den
Mangel an selbst bestimmten Bewegungs-
möglichkeiten anzugehen.
Religiöse Erziehung im Wald
Die Erfahrung religiöser Festtage und das
Kennenlernen biblischer Geschichten, in
der Atmosphäre eines Waldes, sprechen
das Kind in seiner mystischen Phase an.
Religiöse Erziehung ist für uns eine Hilfe
zur Wertorientierung.
Die religionspädagogischen Themen
sind bei uns in den Tag und die Arbeit
integriert. Sie fnden in den Gebeten zu
den Mahlzeiten der Gruppe und in den
biblischen Erzählungen ihren Platz. Die
traditionellen christlichen Feste des Jahres
feiern wir mit den Familien. Ostern, Ern-
tedank undWeihnachten werden mit den
Kindern vorbereitet und ihnen spielerisch
nahegebracht. Ein Pastoralreferent feiert
mit allen Kindern regelmäßig eine kleine
Andacht.
Durch die Religionspädagogik vermitteln
wir, dass jedes Kind wertvoll ist, dass jeder
Mensch wertvoll ist, und dass jedes Lebe-
wesen wertvoll ist. In Gebeten können
wir unsere Freude ausdrücken undGottes
Liebe spüren.
Die Gruppe befndet sich am Ortsrand
von Wipperfeld
Wipperfeld gehört zu der altenHansestadt
Wipperfürth (ca. 24.000 Einwohner) im
Oberbergischen Kreis. Das Waldgebiet
umfasst abwechslungsreiches Gelände:
Fichtenforst und Laubwald, abschüssiges,
aber auch ebenes Gelände, Wiesen und
Äcker amWaldrand, einen Bachlauf und
vieles mehr. Es gibt ausreichend Schat-
ten- und Sonnenplätze, je nach Bedarf.
Treffpunkt ist der Bauwagen, der speziell
angefertigt wurde.Die Kinder treffen sich
dort mit den Erzieherinnen. Der Wagen
dient als Unterschlupf bei extremer Wit-
terung (Regen, Gewitter und Kälte), zur
Ergänzung unserer pädagogischenArbeit
(Basteln und Malen; Mittagessen) sowie
zur Materialaufbewahrung.
Der Tagesablauf in einem
Waldkindergarten
Der Waldkindergarten beginnt den Tag
draußen am Bauwagen mit der Begrü-
ßungsrunde. Ob nun im Sitzen oder Ste-
hen hängt von derWetterlage, demThema
oder einer Aktion ab. „Wer ist heute da,
wer fehlt in unserem Kreis und wie viele
sindwir heute?“Es werden Fragen gestellt
und es ergeben sich erste Gespräche. Jah-
reszeitliche Lieder, Gedichte und Spiele
folgen. Anschließend wird gemeinsam
übergelegt: „Wo gehen wir heute hin, was
unternehmen wir dort?“VieleVorschläge
werden gemacht, trotzdem wird schnell
eine gemeinsame Entscheidung getroffen
und die Kinder gehen zum verabredeten
Ort. Dort wird erst einmal gemeinsam
gefrühstückt.
Heute kann es der „weicheWippenwald“
sein. Hier stehen hohe Fichten und der
Boden ist dicht mit Moosen bedeckt.
Der Moosboden gibt beim darüber Ge-
hen nach, daherWippenwald. Er lädt die
Kinder ein, sich herunter zu kullern. Es
fällt auf, dass Abwarten, Ausweichen,
Unterstützen und Kommentieren selbst-
verständlich sind. Kullern die Kinder in-
einander entstehen selten Aggressionen,
sondern es wird gemeinsam gelacht, oder
der Zusammenstoß ignoriert.
In der Freispielphase spielen die Kinder
wie und was sie möchten. Sie lassen Land-
schaften aus Matsch,Wasser, Steinen und
Ästen entstehen, werken und gestalten
mit Zweigen,Baumscheiben undBlättern.
Ein „Puppenhaus“ entsteht, es wird hinter
einem gefällten Baumstamm aufgebaut,
Requisiten werden hierfür gemeinsam
gesucht. Nun sind die Zapfen „Puppen“
und diese liegen in „Rindenbetten“. Eine
Schnecke wird für kurze Zeit als Haustier
angesehen. Es wird balanciert, geklettert,
gesprungen, gelaufen, gelacht, gesungen,
gelauscht, geraten, gezählt, gerufen, un-
tersucht, geholfen, entdeckt etc.. Die
Erzieherinnen begleiten die kindlichen
Spielprozesse ohne einzugreifen, sie ge-
ben bei BedarfAnregung,Unterstützung
und Trost.
Während des Freispiels können einzelne
Aktionen angeboten werden.Alle Kinder
oder Einzelne fnden sich zusammen, um
das weitere Vorgehen zu besprechen. Es
handelt sich dabei umsituationsorientierte
Projekte oder Aktionen. Es gibt ein The-
ma, dazu viele Ideen.Wie diese umgesetzt,
verändert oder ergänzt werden, entwickelt
sich in einemgemeinsamen Prozess Schritt