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Kompakt Spezial 1/2013
P r o f . D r . H o l g e r B r a n d e s
Bei einer Reihe vonMaterialien lässt sich
hinsichtlichdesGeschlechts der Fachkräfte
und der Kinder ein deutlicher und signif-
kanter Unterschied im Gebrauch erken-
nen. Dies sind zumeist Materialien mit
geschlechtlicher Konnotation.
Interviewergebnisse zu Neigungen
männlicher und weiblicher Fach
kräfte in unterschiedlichen Aktivitäts
bereichen
Inwieweit fnden die in der experimen-
tellen Situation deutlich werdenden
geschlechtsspezifschen Neigungen der
Fachkräfte bezüglichThemen undMateri-
alien ihrenNiederschlag in der alltäglichen
Arbeitsteilung innerhalb der Tandems?
Hierzu geben diemit denTandems geführ-
ten Leitfadeninterviews zumindest Hin-
weise, wenngleich hier nur die subjektive
Sichtweise der Akteure erfasst wird. Da
die Interviewsmit beidenTandempartnern
gemeinsamgeführt wurden,konnten diese
ihre Perspektiven dabei aber abgleichen
und ergänzen (Stand: 19 ausgewertete
Interviews).
Auf Fragen nach der Bedeutung des
Geschlechts fürAufgabenzuordnung und
Arbeitsteilungen untereinander sowie
nach bevorzugten bzw. eher vermiedenen
Aktivitäten verweisen die meisten Tan-
dems als Erstes darauf,dass dasGeschlecht
für die Arbeitsteilung nur eine geringe
Bedeutung habe und beide die gleichen
Aufgaben und Bereiche abdecken.Häufg
wird auch die „Persönlichkeit“ als bedeut-
samer benannt.
Dann kommen aber auch amGeschlecht
festgemachte Unterschiede zur Sprache,
wobei amhäufgsten (elfmal) dieVorliebe
derMänner für
Raufen, „Kempeln“,Toben
und wilde Spiele
auftaucht bzw. die Ten-
denz der Kinder, sich hierzu an denMann
zu wenden. Nur ein Mann äußert hierzu
seineAbneigung und eine Frau ihre Nei-
gung, wobei andere weibliche Fachkräfte
äußern, sie würden es auchmachen,wenn
kein Mann zur Verfügung stehe.
Ähnlich deutlich ist dieNeigung,derMän-
ner zu
Außenaktivitäten, insbesondereWald
und Garten
(10), wobei teilweise betont
wird, dies gelte bei „Wind und Wetter“.
MehrereTandems sind sich auch einig,dass
hierbei die
Risikobereitschaft
der Männer
höher sei (9); in diesem Zusammenhang
wird häufg auch das „Klettern“ erwähnt
und es fallen Begriffe wie „Abenteuer“
oder „Nervenkitzel“. Nur ein Mann und
zwei Frauen äußern sich ausdrücklich
gegenteilig im Sinne höherer Risikonei-
gung der Frau. Entsprechend schreiben
die Männer sich zu bzw. wird ihnen von
den Frauen zugeschrieben, die Kinder
mehr
herauszufordern
, und zwar in unter-
schiedlichen Nuancierungen sowohl vor-
nehmlich körperlich wie generell. In den
Bereichen
Technik,Handwerk undBauen
,
insbesondere mit Holz und großteiligem
Material, wird eine Bevorzugung durch
dieMänner deutlich,wohingegen Basteln
eher als weiblich gilt, aber auch nur von
einer Frau positiv benannt wird. „Basteln
ist das kleinteilige Pendant zum Bauen“,
defniert ein Mann.
Interessant ist vielleicht, dass
Fußballspie-
len
als in denMedien häufg herausgestell-
te „typische“Aktivität fürMänner inKitas
in unseren Interviews weniger eindeutig
zugeordnet wird.
ImGegensatz zu ehermännlich konnotier-
tenAktivitätenwird inmehrerenTandems
betont, dass die Kinder zum
Kuscheln,
Trösten oder Liebkosen
eher Frauen
suchen, wobei aber nur einMann gesteht,
dies sei nicht seine Sache.Wickeln ist nur
bei einemMann deutlich negativ besetzt,
wird aber auch von anderen eher gemie-
den, um sich keinemMissbrauchsverdacht
auszusetzen. Basteln oder Zöpfefechten
wird von Männern nur negativ benannt
und liegt ähnlich wie kreatives Arbeiten
oder Rollenspiel eher im benannten Nei-
gungsbereich der weiblichen Fachkräfte.
Insgesamt bestätigen die Fachkräfte in
ihren subjektiven Aussagen geschlechts-
stereotypeErwartungen und auch dieTen-
denzen aus dem experimentellen Setting.
Es gibt aber auch vereinzelte
Ausnahmen,
die das geschlechtsstereotypeMuster deut-
lich durchbrechen, wie denMann, der die
Küche als sein Reich defniert und gerne
mit denKindern kocht und backt, oder die
Frau, die sich selbst eher als burschikos
einschätzt und gernemit denKindernFuß-
ball spielt und sie körperlich herausfordert.