Kompakt Spezial 1/2013
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P r o f . D r . M a r g i t t a K u n e r t - Z i e r
Die Elemente der Genderkompetenz
funktionieren nur in ihrer Gesamtheit:
Vom „guten Zusammenarbeiten“ und
dem Projekt „Der gehaltene Raum“
Für eine professionelleQualität geschlech-
terbewusster Arbeit in Kitas ist es not-
wendig, dass alle Teammitglieder über
Genderkompetenz verfügen. Im Idealfall
besuchen die Teams gemeinsam entspre-
chende Fortbildungen oder führen diese
in der Kita durch.
Inhalte der Genderqualifzierung
sollten
sein:
Verständigung
c
über Mädchen- und Jungenbilder der
Fachkräfte und das Selbstverständnis
als Frau bzw. Mann in der Kita
c
Sensibilisierung für und über dieWahr-
nehmung von Mädchen und Jungen
in der Kita: Wie fndet in der Kita
das Doing Gender statt, woran wird
erkannt, welche Bedeutungen Mäd-
chen und Jungen den Geschlechtern
zuordnen?Welchen Stellenwert haben
die Fachkräfte imDoing Gender (för-
dernde/hemmende)?
c
über räumliche,methodische und orga-
nisatorischeGegebenheiten in derKita
und derenEinfuss auf geschlechtstypi-
sche bzw.untypischeVerhaltensweisen
und wie diese verändert werden kön-
nen (z. B.Aufösen von Puppenecken
und Baugruppen)
c
über dieArbeitsteilung zwischenMän-
nern und Frauen in der Kita und ob
diese von allen so erwünscht ist
c
darüber, was die Fachkräfte tun kön-
nen, um nicht unrefektiert geschlech-
terstereotype Verhaltensweisen zu
übernehmen
c
darüber, geschlechtersensibel in der
Kita arbeiten zu wollen und dies als
gemeinsame Aufgabe zu sehen
c
überVorstellungen von einem „guten
Zusammenarbeiten von Frauen und
Männern“
Ziel
ist es, im Team
c
in einenDialog zu allenGenderfragen
in derKita zu kommen (Genderdialog)
c
Raum zu schaffen, für eine prinzipielle
Offenheit gegenüber den Geschlech-
tern: Das bedeutet, keine Leitbilder
über „richtige“ oder „falsche“ Mäd-
chen und Jungen, Frauen und Män-
ner aufzustellen, sondern diesen selbst
zu überlassen, welche Bedeutung das
Geschlecht für sie hat
c
ein Klima der Offenheit im Team zu
schaffen, im dem jedes Teammitglied
„ohne Angst verschieden“ (Ador-
no) sein kann. Das heißt: Frauen und
Männer imTeamwerden eigensinnige
Selbstdefnitionen über ihr Geschlecht
zugestanden; diese Selbstdefnitionen
müssen ansprechbar und akzeptiert
sein
c
eine geschlechtergerechte Sprache zu
verwenden
c
Strukturen zu schaffen, in denen regel-
mäßige Refexionen imTeam zu Gen-
derfragen gesichert sind
In einemGenderprojekt in Frankfurt a.M.
wurde ein solches Projekt in der offe-
nen Kinder- und Jugendarbeit erprobt.
Die Genderpädagogin Corinna Voigt-
Kehlenbeck und der Genderpädagoge
Bernd Drägestein nannten das Konzept
der gemeinsamenVerständigung imTeam
über eine genderorientierte Arbeit den
„gehaltenen Raum“ (Jugend- und Sozial-
amt der Stadt Frankfurt a. M. 2012).
Auch dieKitas könnten durch genderkom-
petente weibliche und männliche Fach-
kräfte zu solchen „gehaltenen Räumen“
werden, in denen Mädchen und Jungen
auf ihrem Weg in die Gesellschaft die
Förderung und Begleitung erfahren, die
sie für die Entfaltung von Eigensinn und
allen ihren Potenzialen brauchen.
Damit könnten wir dem Ziel einer
geschlechterdemokratischenGesellschaft
ein großes Stück näher kommen.
Literaturhinweise:
AGJ, Arbeitsgemeinschaft Jugend-
hilfe (2012):
Geschlechtersensibilität
als Merkmal und Gegenstand von
Erziehung, Bildung und Betreuung
in Kindertageseinrichtungen
. Berlin.
Cremers, Michael/Krabel, Jens (2012):
Gender macht Schule – wie viel Gen-
der steckt in der Fachschulausbil-
dung für Erzieher/innen?
In: Koor-
GenderWissen
wissenschaftliche Fachkompetenz
Orientierungswissen,
Erklärungswissen, Handlungswissen
G e n d e r -
k o m p e t e n z
Genderbezogene
Praxiskompetenz
Methodenkompetenz
Medienkompetenz
Genderbezogene
Selbstkompetenz
Selbstrefexivität
Sozialkompetenz
Genderkompetenz als Schlüsselqualif-
kation gehört in die Lehrpläne an Fach-
schulen für Sozialpädagogik und in den
Studiengängen für Kindheitspädagogik
sowie in Fort- und Weiterbildungen für
pädagogische Fachkräfte.
Diese benötigen ein fundiertes Wissen
über dieGeschlechtersozialisation, gesell-
schaftliche Strukturdaten, Macht-, Res-
sourcen und Arbeitsteilung. Sie kennen
Theorien und Befunde zu den Lebensla-
gen von Mädchen und Jungen sowie zur
Bedeutung des sozialen und kulturellen
Hintergrundes für ihre Teilhabechancen.
Die pädagogischen Fachkräfte können das
Wissen methodisch umsetzen, genderbe-
zogeneAnalysen undBeobachtungen z.B.
zurRaumnutzungoder zumSpielverhalten
vonMädchenund Jungendurchführenund
dokumentieren.Sie kennen gendersensible
pädagogischeMethoden und können diese
anwenden.Sie verfügen über die Fähigkeit,
gendersensibel mit Kindern,Kolleginnen
und Kollegen und mit Eltern zu arbeiten.
Die pädagogischenFachkräfte sind imstan-
de, ihre eigenen Geschlechterbilder kri-
tisch zu refektieren. Sie habe eine eigene
Haltung zu sexuellenOrientierungen und
Wissen um ihreWirkungen als Frau oder
Mann. Sie verfügen über eineHaltung der
Anerkennung vonVielfalt der Individuen
und betrachten diese als Ressource.