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Kompakt Spezial 1/2013
D r . H i l d e M a l c o m e s s
„Das sind doch nur blöde Vorurteile“,
sagen die einen. „Wir sollten ja richtig
klischeehaft denken“, entschuldigen sich
die anderen. Ja, sie haben recht. Das alles
sind blöde Vorurteile und Klischees.
Was ist das Verblüffende daran?
Auch wenn wir diese Stereotypen nicht
gutheißen, gibt es in unserem Denken
einen Bereich, der weniger zimperlich ist.
Dort assoziieren wir schnell, automatisch
und absichtslos.Diese sogenannten impli-
zitenAssoziationen kommen erstaunlich
reaktionär daher. Das ist auch bei Men-
schen so, deren bewusste Äußerungen
deutlichmoderner unddifferenzierter sind.
Woher kommen diese Stereotypen?
Wir schnappen sie auf. Es sind kulturel-
le Muster, die wir aus unserer Umwelt
herauslesen und von Kindesbeinen an
sammeln. Wir fnden sie im Elternhaus,
in der Gesellschaft, auf der Straße, in
den Medien, in der Werbung. Das Ler-
nen im assoziativen Gedächtnis vollzieht
sich absichtslos und unkontrolliert, allein
dadurch,dass wir durch unsereWelt gehen.
DieVerhaltensmuster unserer Umgebung
prägen die Geschlechterstereotypen im
assoziativen Gedächtnis.
Beeinfussen diese Klischees unser
Kommunikationsverhalten?
Ja! Geschlechterklischees beschreiben
nicht nur, wie etwas ist. Sie wirken als
Vorschrift! Sie zeigen uns, wie wir zu sein
haben.Das gilt auch für die imWorkshop
gesammelten Zuschreibungen von Ver-
haltensweisen.Wir denken nicht nur, dass
Männer in der Kommunikation sachlich
agieren. Wir fnden auch, dass sie genau
das tun sollen.Wir denken nicht nur, dass
Frauen in der Kommunikation emotio-
naler sprechen.Wir fnden auch, dass sie
so sein sollen.
Das Geschlecht ist die größte soziale
Gruppe, der wir angehören. Wir möch-
ten – fast um jeden Preis – hineinpassen
in die Normen unseres Geschlechts. Von
Geburt anund einLeben lang ist eswichtig,
geschlechtlich klar identifziert zu werden
und sich selbst mit seinem Geschlecht zu
identifzieren. Die Vorstellungen, wie wir
als Junge oder Mädchen, als Mann oder
Frau zu seinhaben,prägenunserVerhalten.
Als „Mannweib“ oder „weibischerMann“
tituliert zu werden, gefällt niemandem.
Kurz: Stereotype formen mit großer
Macht unser Handeln. Genau das macht
sie so gefährlich. Wir bestätigen unser
Geschlecht, indem wir bestimmte Dinge
tun oder lassen. So auch in der Kommu-
nikation miteinander.
Auswirkungen auf die Kommunikation
in Teams
DieTeilnehmenden übertragen das bisher
Gesagte auf die konkreteKommunikation
in ihrenKita-Teams.DieAufgabenstellung
lautet:
WelcheAuswirkungenhabendieKlischees
und unterschiedlichenVerhaltenstenden-
zen vonFrauenundMännern auf dieKom-
munikation in unseren Teams?
JedeGruppe schreibt die beiden wichtigs-
tenAuswirkungen an die Pinnwand. Das
Ergebnis an der Metaplanwand liest sich
wie folgt:
Auswirkungen auf die Kommunikation
im Team:
– Alles wird zerredet -> keine
Einigung
– Männer wollen sich proflieren
– Umwelt bestimmt, wie sich Eigen-
schaften auswirken
– Lange Diskussionswege, um zu einer
harmonischen Entscheidung zu
kommen
– Konfikte entstehen durch Kommu-
nikation auf unterschiedlichen
Ebenen
– Rückzug – Dominanz
– Inhalte bleiben auf der Strecke
– Transparenz
2. Was wird gesagt? Was wird gehört?
Was ist gemeint?
Wir schauen auf die konkrete Ebene der
Aussage.Wir blicken hinter die Klischees.
Wir tun das mit Hilfe von Loriots Sketch
„Berta, das Ei ist hart!“. Anhand dieser
gutbürgerlichen Szene frischen wir das
Wissen über das Vier-Seiten-Modell von
Friedemann Schulz vonThun auf.Was sagt
der Ehemann seiner Frau ammorgendli-
chen Frühstückstisch? Was hört sie?