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Kompakt Spezial 1/2013
l u t z s c h u m a c h e r
Kitas als attraktive Arbeitgeber
Wie lässt sich die Arbeitgeberattraktivität von Kitas steigern und was
wünschen sich die Männer?
L u t z S c h u m a c h e r
Professor für Personal- und Organisations
psychologie an der Leuphana Universität
Lüneburg. Dozent und Unternehmensbera-
ter. Forschungsinteressen: Mitarbeitergewin-
nung und -bindung, Organisationsentwick-
lung und Gesundheitsmanagement.
Um in dem sich verschärfenden Wettbe-
werb um Fachkräfte bestehen zu kön-
nen, müssen Kindertageseinrichtungen
attraktive Arbeitgeber sein oder sich
bemühen, es zu werden. Nur so werden
sie in Zukunft gut qualifzierte und enga-
gierte Mitarbeiter/-innen gewinnen und
binden können. Hier stellt sich die Frage,
was attraktive Kitas auszeichnet?Welche
Arbeits- und Organisationsbedingungen
entscheiden über die Arbeitgeberattrak-
tivität von Kitas?
Zur Beantwortung dieser Fragen hat die
LeuphanaUniversität Lüneburg imletzten
Jahr inKooperationmit demLandschafts-
verbandRheinland eine empirische Studie
durchgeführt.An der Studie haben sich 471
Mitarbeiter/-innen aus 79 Kitas beteiligt.
77 der Kitas gehörten zu zwölf Trägern
und zwei Kitas waren eigenständig. 427
der befragten Personen waren im päda-
gogischen Bereich tätig (Gruppendienst
und/oder Leitungsfunktion). Die restli-
chen Befragten arbeiteten in den Berei-
chenVerwaltung,Hauswirtschaft,Technik
oder einem anderen nicht-pädagogischen
Tätigkeitsfeld.Die nachfolgend berichte-
tenErgebnisse beziehen sich ausschließlich
auf die impädagogischen Bereich tägigen
Mitarbeiter/-innen.
Emotionale Bindung, Weiterempfehlung
als Arbeitgeber und Kündigungsabsicht
als zentrale Indikatoren der Arbeit
geberattraktivität
Die Attraktivität einer Kita spiegelt sich
vor allem in demAusmaß der emotiona-
len Bindung der Mitarbeiter/-innen an
ihre Kita und ihren Träger wider. Wenn
die Mitarbeiter/-innen stolz sind, in ihrer
Kita zu arbeiten und sich dieser zugehö-
rig fühlen, dann besteht eine emotionale
Bindung an die Kita. Eine solche emotio-
nale Bindung hat vielerlei positive Effek-
te:Die Mitarbeiter/-innen wollen auch in
Zukunft inderKita arbeitenund zeigen ein
hohes Maß an Engagement – ihnen liegt
der Erfolg ihrer Kita amHerzen. Sie sind
auch Fürsprecher ihrer Kita und wollen,
dass andere eine gute Meinung von ihrer
Kita haben.
Dies ist insbesondere für die Gewinnung
neuerMitarbeiter/-innen von entscheiden-
der Bedeutung. Wenn die Mitarbeiter/-
innen positiv über ihre Kita sprechen und
diese als Arbeitgeber weiterempfehlen,
trägt dies entscheidend zur Reputation
der Kita als attraktiver Arbeitgeber bei
– dies gilt genauso auch für den Träger.
Eine negative Mundpropaganda kann
entsprechend den Ruf des Arbeitgebers
nachhaltig schädigen (Schumacher, 2012).
Unsere Studie zeigt, dass 65,9 Prozent der
imGruppendienst oder in der Leitung täti-
gen Fachkräfte eine sehr hohe emotionale
Bindung an ihre Kita aufweisen, weitere
19,1 Prozent weisen eine hohe emotionale
Bindung auf.Die emotionale Bindung an
den Träger fällt etwas geringer aus: 37,7
Prozent der Befragten weisen eine sehr
hohe und 39,1 Prozent eine hohe emoti-
onale Bindung auf.
wurde gefeiert, aber ebenso gefürchtet,
als bedrohlich, als unheimlich.“
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Es gibt also wissenschaftliche Belege für
ein unsere Gesellschaft prägendes nega-
tives Männerbild.
Was sind die Konsequenzen für den
Kinderschutz?
Die Fokussierung auf die latente Gefahr
sexuellenMissbrauchs führt zu einerVer-
schiebung der Aufmerksamkeit, andere
Formen des emotionalen Missbrauchs
und der Vernachlässigung die genauso
gravierendeAuswirkungen haben können
und weitaus häufger sind, geraten in den
Hintergrund. Dem muss gegengesteuert
werden.
Was ist weiter zu tun?
1. Sich die
Vorurteile
gegenüber Männ-
lichkeit bewusst machen undmit einer
klaren Haltung gegen sie ansteuern.
2.
Verdächtigungen
sauber und fair
abklären und keine vorschnellen, par-
teiischen Verurteilungen zulassen.
3. Diskriminierende
Vorurteile
seitens
einzelner Eltern und auch Trägerver-
tretern zurückweisen und eine klar
befürwortende Haltung einnehmen.
4.
Mehr Erzieher
für die Arbeit in den
Kitas gewinnen,denn es gibt gute (päd-
agogische) Gründe für die Beschäfti-
gung von männlichenMitarbeitern in
Kitas als Bezugspersonen für Jungen
und Mädchen.
5. Männer ihren
Beruf unbehindert aus-
üben lassen
.Dies beinhaltet auch den
für Kleinkinder notwendigen und von
ihnen eingeforderten bzw. initiierten
Körperkontakt beimToben oderTrös-
ten.Männer dürfen nicht dazu angehal-
ten werden, vermeintlich verdächtige
Situationen (wie z. B. dasWickeln, das
Auf-den-Arm-Nehmen) zu meiden.
6.
Pädagogiknicht
auf dieZieleder Fried-
fertigkeit, Sanftmut, Bravheit etc. ver-
kürzen unterAusblendung vonLeben-
digkeit, Wildheit, Abenteuer, Kampf
und Durchsetzungsfähigkeit.
8 So das eigene Resumée seiner Forschung, in:
SPIEGEL ONLINE, 23. April 2012, 10.52 Uhr, Geschlech-
terdebatte: Der Mann, das Tier. Ein Essay von Christoph
Kucklick.