Page 10 - geschlechterperspektiven

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dings mögliche Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen nicht berücksichti-
gen. Die Effektivität dieser Programme ist jedoch umstritten; die Ergebnisse von
Evaluationen sind zumindest widersprüchlich (Frühe Bildung 2012). Nicht nur aus
diesem Grund ist fraglich, inwieweit dieser Aktionismus überhaupt angemessen ist.
Bemerkenswerterweise haben deutsche Kinder in den IGLU-Grundschulstudien,
die am Ende der vierten Klasse durchgeführt wurden, im internationalen Vergleich
deutlich besser abgeschnitten (vgl. Bos et al, 2007).
Für den Elementarbereich ist daher zunächst wichtig festzuhalten, dass die viel
diskutierten Leistungsunterschiede zwischen Mädchen und Jungen in erster Linie
in Erhebungen von Jugendlichen festgestellt wurden, insbesondere den PISA-
Studien. Am Ende der Grundschulzeit sind sie dagegen noch nicht in diesem
Ausmaß aufzufnden. Es ist daher nahe liegend anzunehmen, dass die Probleme
von Jungen in erster Linie mit Problemen des Jugendalters sowie mit strukturellen
Aspekten des deutschen Schulsystems zusammenhängen.
Dennoch weisen neuere Forschungsergebnisse darauf hin, dass Geschlechts­
unterschiede in fachlichen Kompetenzen, Selbstkonzepten und Einstellungen zu
Lernen und Leistung ihren Ausgang in geschlechtsspezifschen Sozialbeziehungen
in vorschulischen Einrichtungen nehmen können. Aktuelle Forschungsvorhaben
nehmen in diesem Zusammenhang z. B. Geschlechterunterschiede in der
Erzieherinnen-Kind-Bindung sowie die Rolle geschlechtshomogener Peergruppen
in den Blick (vgl. Ahnert, 2004; Fabes/Martin et al., 2003; Rohrmann, 2008).
Katholische Tageseinrichtungen für Kinder fördern Mädchen und Jungen gleicher-
maßen und beugen geschlechtstypischen Bildungsbenachteiligungen vor. Sie
berücksichtigen, dass unterschiedliche Interessen und Lebenserfahrungen von
Mädchen und Jungen sich auf den Erwerb von Wissen und Kompetenzen auswir-
ken können, wenden sich aber gegen Dramatisierungen und Stereotype.
3.2 Bildung als Selbst-Bildung: Grundlage auch für geschlechtsbezogene
Entwicklung
Das Bildungskonzept der katholischen Tageseinrichtungen für Kinder baut auf
einem ganzheitlichen Verständnis auf, das Bildungsprozesse als „Selbst-Bildung“
begreift. „Der Bildungsbegriff weist darauf hin,
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dass man sich letztlich nur selbst bilden kann,
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dass Lernen einen persönlichen Sinn ergeben muss,
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dass in Bildungsprozessen Handeln, Empfnden, Fühlen, Denken, Werte,
sozialer Austausch, subjektiver und objektiver Sinn miteinander in Einklang
gebracht werden müssen.“ (Bildungskonzept, S. 7).
Laewen und Andres (2002, S. 100) stellen in diesem Zusammenhang fest, dass
wir Kindern nichts „beibringen“ können. Unsere Aufgabe besteht vielmehr
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in der
Gestaltung der Umwelt
des Kindes, insbesondere der räumlichen Umwelt
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in der
Gestaltung der Interaktionen
zwischen Erwachsenen und Kindern; dazu
gehört wiederum zweierlei: die Zumutung von Themen sowie die Beantwortung
der Themen der Kinder.
Ein solches Bildungsverständnis ist auch grundlegend für geschlechterbezogene
Bildung. Es passt gut zu einem Verständnis geschlechtstypischer Entwicklung als
einem Prozess, den Kinder aktiv mitgestalten. Zudem wird daran deutlich, dass
geschlechterbewusste Pädagogik nicht als Programm verwirklicht werden kann,
sondern ein geschlechterbewusster Blick auf alle Bildungsbereiche erforderlich ist.
Geschlechterunterschiede
in Einstellungen zu Lernen
und Leistung können im
Kindergarten entstehen
Geschlechtstypischen
Bildungs­-
benachteiligungen
vorbeugen
Bildung ist immer
Selbst-Bildung
Geschlechterbewusste
Pädagogik ist kein
Programm