Page 13 - geschlechterperspektiven

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Refektierte Koedukation
im Bereich der Schule
Geschlechterbewusste und
geschlechtergerechte
Pädagogik
Mädchenarbeit und
Jungenarbeit
Neuland für
Kindertagesstätten
Individuelle Förderung
13
Gleichstellung nicht nur Frauen zuständig sind, sondern Männer und Frauen mit
der Aufgabe betraut sind, neue Wege im Verhältnis der Geschlechter zu ent­
wickeln.
4.2 Zur Geschichte geschlechterbewusster Pädagogik
Es gibt viele Konzepte und Begriffe für eine Pädagogik, die Geschlechteraspekte
gezielt aufgreift und berücksichtigt. Im Bereich der Schule wurde in den neunziger
Jahren des vergangenen Jahrhunderts die
refektierte Koedukation
entwickelt. Die
gemeinsame Erziehung von Jungen und Mädchen wurde dabei nicht in Frage
gestellt; im Vordergrund stand ein refektierter Umgang damit, wie geschlechtsbe-
zogene Aspekte den schulischen Alltag beeinfussen und prägen.
Im Bereich der Jugendarbeit wurden dagegen Konzepte der Mädchenarbeit,
dann auch der Jungenarbeit entwickelt, in denen zunächst und zum Teil bis heute
geschlechtsgetrennte Angebote im Vordergrund standen. In den Anfangsjahren
der Mädchen- und Jungenarbeit wurde dabei viel über Begriffe und Konzepte
gestritten. Heute haben diese Defnitionsstreitigkeiten an Bedeutung verloren.
Mit
geschlechterbewusst, geschlechtersensibel, geschlechterrefektierend
und
ähnlichen Begriffen wird eine Haltung der Aufmerksamkeit und des bewussten
Umgangs mit geschlechterbezogenen Zusammenhängen sowohl bei Kindern
als auch bei den Pädagogen selbst bezeichnet. Der Begriff
geschlechtergerecht
betont mehr den Aspekt der Chancengerechtigkeit, bedeutet in der Praxis aber
oft nichts grundlegend anderes.
Zu unterscheiden davon sind Ansätze, die ausdrücklich
geschlechtsspezifsch
arbeiten, z.B. unterschiedliche Angebote für Mädchen und Jungen vorsehen.
Mit
Mädchenarbeit und Jungenarbeit
wird meist die geschlechtshomogene
(Gruppen)arbeit von Frauen mit Mädchen bzw. von Männern mit Jungen bezeich-
net. Eine geschlechterbewusste Refexion
kann
zu geschlechtsgetrennten
Angeboten führen; im Alltag von Kindertageseinrichtungen ist dies aber nicht die
Regel.
In Nordrhein-Westfalen wurde das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit im Bereich
der Kinder- und Jugendhilfe gesetzlich festgeschrieben. Das Kinder- und
Jugendförderungsgesetz in NRW (KJFöG NRW, 3. AG KJHG) hat die Förderung
von Mädchen und Jungen, die geschlechtsdifferenzierte Kinder- und Jugendarbeit,
das Prinzip des Gender Mainstreaming und die Interkulturelle Pädagogik veran-
kert. Zur Unterstützung der Praxis wurde unter anderem die Fachstelle Gender
NRW eingerichtet (www.gender-nrw.de). Alle Träger der Jugendhilfe und der ver-
bandlichen Jugendarbeit haben heute geschlechterdifferenzierende Pädagogik,
Jungen- und/oder Mädchenarbeit in ihr Angebotsspektrum aufgenommen, um
den vorgegebenen Förderzielen zu entsprechen.
Im Bereich der Kindertageseinrichtungen ist eine geschlechterbewusste Pädago­
gik bislang dagegen noch nicht systematisch eingeführt. Mit der konzeptionellen
Verankerung geschlechterbewusster Pädagogik betreten katholische Tages­
einrichtungen für Kinder Neuland.
4.3 Ziele geschlechterbewusster Pädagogik in katholischen
Tageseinrichtungen für Kinder
Als Ziel der Bildungsarbeit in katholischen Tageseinrichtungen für Kinder for-
muliert das Bildungskonzept, dass es darum geht, „die individuellen Aktivitäten,
Strategien, Vorlieben und Talente eines Kindes zum Zuge kommen zu lassen“ (S.
9). Religiöse Bildung wird dabei als Grundlage gesehen. Auch eine geschlechter-
Kap. 4 Geschlechterbewusste Pädagogik