Page 26 - geschlechterperspektiven

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Kreatives und bildnerisches Gestalten
Kreatives und bildnerisches Gestalten spielt im alltäglichen Angebot von
Kindertageseinrichtungen eine herausragende Rolle. Der Mal- und Basteltisch ist
ein zentraler Platz in vielen Gruppenräumen, an dem sich sowohl Erzieherinnen
als auch Mädchen viel aufhalten. Der Maltisch gehört zu den am stärksten
geschlechtsstereotyp genutzten Spielorten in Kindertageseinrichtungen. Die häu-
fg beobachtete Tendenz „Mädchen malen gern, Jungen bauen oder wollen sich
bewegen“ wird allerdings nur selten problematisiert. Dass sich manche Jungen
mit Mal- und Bastelangeboten schwer tun, wird erst dann zum Problem, wenn
es auf die Schule zugeht und deutlich wird, dass diesen Jungen feinmotorische
Fähigkeiten fehlen, die sie in der Schule benötigen werden.
Es gibt zahlreiche interessante Anregungen und Konzepte dazu, wie der Umgang
mit Kunst und Kreativität im Elementarbereich interessanter und herausfordernder
gestaltet werden kann. Diese müssen nicht geschlechterdifferenziert sein – solche
Ansätze gibt es nicht –, sondern möglichst vielfältig, damit Jungen wie Mädchen
mehr Anreize haben, ihr kreatives Potenzial zu entfalten.
Eine wichtige Ergänzung des Mal- und Bastelbereichs ist das eher „männlich“
konnotierte Werken. Eine gute Möglichkeit ist hier die Einführung des aus der offe-
nen Arbeit stammenden Prinzips „Lehrling – Geselle – Meister“, das Kindern eine
schrittweise Nutzung des Werkbereichs in eigener Verantwortung ermöglicht und
schon in vielen katholischen Tageseinrichtungen eingeführt worden ist.
Insgesamt ist es für eine geschlechterbewusste Pädagogik in katholischen Kinder­
tageseinrichtungen wesentlich, Material und Angebote so zu gestalten, dass
Mädchen und Jungen gleichermaßen angesprochen werden. Dies kann über ein
vielfältigeres Materialangebot geschehen, über eine inhaltliche Erweiterung von
Angeboten oder auch über eine Auseinandersetzung mit den Werken bildender
Künstlerinnen (!) und Künstler.
Musik
Der Bereich der musikalischen Förderung ist bislang kaum einmal aus
Geschlechterperspektive betrachtet worden. Dabei gibt es Anzeichen, die nach-
denklich stimmen sollten. Beim Vorsingen stehen oft fast nur Mädchen vorn.
Auch in Spielmannszügen und Bläsergruppen sieht man immer mehr Mädchen.
Bei Musikprojekten und in Chören sind Jungen zunehmend in der Minderheit.
Und aus Musikschulen wird berichtet, dass immer weniger Jungen Interesse an
Instrumentalunterricht haben. Während sich zudem heute auch Mädchen für
Instrumente wie Schlagzeug oder Posaune interessieren, die früher fast nur von
Jungen und Männern gespielt wurden, gilt dies umgekehrt nicht – Querföte und
Harfe bleiben meist in weiblicher Hand. Dabei sind Angebote der „Musikalischen
Frühförderung“ heute weit verbreitet. Die Leitungskräfte sind allerdings, wie im
Kindergarten, zumeist Frauen.
Katholische Tageseinrichtungen ermöglichen durch gemeinsames Singen und
Musizieren sowie die Ermutigung von Jungen und Mädchen zum experimentellen
Umgang mit Tönen, Klangbildern und Liedern eine breit angelegte rhythmisch-
musikalische Förderung. Sie machen Kinder mit vielfältigen Musikformen und musi-
kalischen Vorbildern beiderlei Geschlechts bekannt und legen damit die Grundlage
dafür, dass Mädchen wie Jungen Musik als Quelle und Ausdrucksmöglichkeit von
Kreativität entdecken.
Darüber hinaus können Lieder und Kinderverse genauer in den Blick genommen
werden. In vielen Liedern ist die Hauptfgur männlich, und/oder die Texte sind
sehr geschlechtstypisch. Lieder und Reime können umgetextet werden, damit sie
beide Geschlechter repräsentieren. Neue Lieder stellen Stereotype in Frage wie
der Klassiker „Wer sagt, das Mädchen dümmer sind“. Davon ausgehend können
Vielfältigeres
Materialangebot und
inhaltliche Erweiterung
von Angeboten
Jungen auf dem Rückzug?
Breit angelegte
rhythmisch-musikalische
Förderung
Kinderlieder können
Geschlechterstereotype
transportieren
Malen und Basteln ist
„weiblich“…
…und Werken
„männlich“?