Page 29 - geschlechterperspektiven

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In Bezug auf die Arbeit mit Mädchen ist eine Spurensuche erforderlich, um
neben den vielen Männern, von denen die Bibel erzählt, auch die interessanten
Frauengestalten zu entdecken. Dann lassen sich z.B. auch kämpferische Frauen
fnden, die als Mütter und Beschützerinnen Verantwortung für ihr Volk überneh-
men (vgl. Die Deutschen Bischöfe, 1981, S. 13).
Ansatzpunkte für eine geschlechterbewusste Bildung bietet aber auch das
Neue Testament. So ist das Handeln und die Botschaft Jesu in vieler Hinsicht
ein Gegenbild zu Klischeebildern männlicher Stärke und Überlegenheit. Auf der
anderen Seite kann Maria, die Mutter Gottes, als starke Frau gesehen werden,
wie es die Dominikanerin Sr. Jordana beschreibt: „die aufsässige, emanzipierte
und starke Frau, die eben nicht den Mund hält und sogar einen heiligen Engel
anspricht, ihm Fragen stellt. (…) Die sich selbstverständlich unter die Männer
mischt, die mit Jesus zusammen sind. Maria, die sogar die römischen Soldaten
so weit im Griff hat, dass sie unter dem Kreuz in der Nähe ihres sterbenden Kindes
sein kann, (...)“ (Schmidt, 2013).
Zum Weiterlesen
Habringer-Hagleitner, Silvia (2009). Geschlechtergerechte Religionspädagogik im
Kindergarten. Möglichkeiten, Grenzen und Chancen. In Pithan, Annebelle; Arzt, Silvia;
Jakobs, Monika & Knauth, Thorsten (Hg.). Gender – Religion – Bildung. Beiträge zu
einer Religionspädagogik der Vielfalt. (S. 306-316). Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus.
Fleck, Carola (2011). Religiöse Bildung in der Frühpädagogik. Berlin: LIT Verlag.
7.7 Mathematische Bildung
Mathematik gehört zu den Disziplinen, die traditionell als „männlich“ angesehen
werden. Dies ändert sich allmählich: fast die Hälfte der Mathematikstudierenden
in Deutschland sind Frauen. Internationale Studien zeigen, dass Geschlechter­
unterschiede in Mathematik in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen sind.
Es lässt sich sogar belegen, dass es positive Zusammenhänge zwischen dem
Ausmaß der Geschlechtergerechtigkeit in einer Gesellschaft und den mathemati-
schen Leistungen von Schülerinnen und Schülern gibt. Geschlechtsunterschiede
in Mathematik sind, so das Ergebnis, durch ein Zusammenwirken verschiedener
soziokultureller Faktoren bedingt (vgl. Kane/Mertz, 2012).
Jungen sind also nicht „von Natur aus“ mathematisch begabter als Mädchen.
Dennoch haben viele Mädchen bereits zu Beginn der Grundschulzeit oft ein
geringeres Vertrauen in ihre mathematischen Fähigkeiten als Jungen, und dies
auch dann, wenn ihre tatsächlichen Fähigkeiten überhaupt nicht schlechter sind.
Vielmehr sind es ungünstige Gedanken und Einstellungen, die die Entwicklung der
mathematischen Fähigkeiten bei vielen Mädchen behindern. Diese Einstellungen
werden Mädchen nicht zuletzt durch Mütter und Pädagoginnen vermittelt. So
konnte eine aktuelle Untersuchung zeigen, dass Grundschullehrerinnen ihre
Schülerinnen negativ beeinfussen, wenn sie selbst Angst vor Mathe haben. An
Jungen geben die Lehrerinnen ihre Ängste dagegen nicht weiter. Die Mädchen
übernahmen von ihren Lehrerinnen das Klischee, dass „Jungen besser in Mathe
sind, während Mädchen besser lesen können“ – und waren am Ende des
Schuljahres tatsächlich schlechter in Mathematik als ihre männlichen Mitschüler
(Beilock et al., 2010, S. 1).
Der Schlüssel zu Veränderungen liegt nach Ansicht der Mathematik-Didaktikerin
Inge Schwank auch in der vorschulischen Bildung. „Es kommt darauf an, an
welchen Stellen man die positive Verstärkung gibt", wird Schwank zitiert. Sie
hoffe, „dass sie eines Tages nicht mehr den Satz zu hören bekommt, den ihr
Spurensuche nach
interessanten
Frauengestalten
Jungen mathematisch nicht
begabter als Mädchen
Gute Materialien und
positive Verstärkung ....-
wecken Interesse
Kap. 7 Die Bildungsbereiche aus Geschlechterperspektive