Page 31 - geschlechterperspektiven

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wirken zugleich dem Eindruck der Tageseinrichtungen als „weiblichem“
Raum entgegen. Wichtig ist schließlich, dass Kinder von herausragenden
Naturwissenschaftlerinnen erfahren und damit lernen, dass Physik, Chemie
und Technik durchaus auch etwas für Mädchen sind. Dazu tragen auch Mütter
bei, die berufich in diesem Bereich tätig sind und ihre Kompetenzen in diesem
Bildungsbereich einbringen.
Aufschlussreich ist, dass es für die Kinder selbst gar keine Frage ist, ob
Naturwissenschaft und Technik auch etwas für Mädchen sind. Erzieherinnen und
Erzieher aus dem Netzwerk berichten, dass Jungen wie Mädchen sich gleicher-
maßen für diese Themen interessieren und sie Angebote in diesem Bereich selbst-
verständlich annehmen.
Für die Weiterarbeit
van Dieken, Christel (2004). Lernwerkstätten und Forscherräume in Kitas und Kindergarten.
Freiburg: Herder.
7.9 Naturerfahrung und ökologische Bildung
Die Achtung vor der Schöpfung und der Natur ist eine existenzielle Grundbedingung
unseresDaseins. Vor diesemHintergrundgebenKatholischeTageseinrichtungen für
Kinder vielfältige Anstöße für Natur- und Umwelterfahrungen. Im Bildungskonzept
wird ein naturnahes Spielraumkonzept vorgeschlagen als „ideale Möglichkeit,
Kinder in Fantasiewelten zu entführen“ (S. 40).
Außengelände werden zunehmend naturnah gestaltet, es werden Waldtage oder
Waldwochen durchgeführt, das Umweltbewusstsein von Kindern wird entwickelt,
Nachhaltigkeit wird auch in den katholischen Kindertageseinrichtungen als Leit­
prinzip verstanden und in der Praxis umgesetzt.
Diese Themen sind – anders als die Natur
wissenschaft
– nicht auf den ersten Blick
mit geschlechtsbezogenen Assoziationen verbunden. Auf den zweiten Blick gibt
es aber auch hier einige interessante Zusammenhänge zu entdecken. Berichte
aus der Praxis weisen darauf hin, dass z.B. bei Waldtagen und -projekten weni-
ger geschlechtstypisches Spiel beobachtet wird. Vielleicht liegt dies daran, dass
naturnahe Umgebungen anders als viele andere Spielwelten keine geschlecht-
stypischen Materialangebote machen. Zudem gibt es oft weniger Probleme
mit grenzüberschreitendem Verhalten von Jungen: im Wald können diese sich
„austoben“ und ihre Energien konstruktiver einsetzen. Allerdings gibt es auch
gegenteilige Beobachtungen. So „bewaffnen“ sich Jungen im Wald regelmäßig
und häufger als Mädchen mit Stöcken. Umgekehrt sind Mädchen anders als
Jungen häufg beim Blumenpfücken zu beobachten. Zudem kann das Freispiel
in der Natur Tendenzen zur Bildung geschlechtsgetrennter Spielgruppen und zur
Dominanz von Jungen verstärken.
Die pädagogischen Fachkräfte refektieren Spielthemen und Gruppenprozesse
von Mädchen und Jungen im Freispiel, um Anregungen für eine geschlechterbe-
wusste Weiterentwicklung von Naturerfahrung zu erhalten, die beide Geschlechter
vielseitig fördert.
Bemerkenswert sind in diesem Bildungsbereich schließlich deutliche Unterschiede
zwischen männlichen und weiblichen Fachkräften. Erfahrungen aus Norwegen
und Österreich zeigen, dass Aktivitäten auf dem Außengelände und in der Natur
insbesondere für Männer interessant sind (Emilsen/Koch, 2010). In den norwe-
gischen „friluftbarnehage“, in denen Kinder und Fachkräfte den größten Teil ihrer
Zeit draußen in der Natur verbringen, ist der Männeranteil am Personal mit zwan-
zig bis dreißig Prozent überdurchschnittlich hoch.
Herausragende Natur­
wissenschaftlerinnen
Naturerleben ermöglicht
ungewohnte Erfahrungen
Männer fühlen sich
besonders von Natur- und
Outdoorangeboten
angesprochen
Kap. 7 Die Bildungsbereiche aus Geschlechterperspektive