Page 32 - geschlechterperspektiven

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Eine stärkere Einbeziehung von Naturräumen und Naturerfahrungen kann daher
auch ein Ansatzpunkt sein, um mehr Männer für die Arbeit in katholischen
Tageseinrichtungen zu gewinnen.
7.10 Medien
Kinder wachsen mit verschiedensten Medien auf und nutzen sie eigenständig
und selbstverständlich. Neben den traditionellen Medien wie Bilderbüchern und
Fernsehen wirken neue Medien – Computer, Spielekonsolen, Handy und die über
das Internet verfügbaren Informationen und sozialen Netzwerke – immer stärker
in die Lebenswelten von Kindern hinein und fnden zunehmend auch Eingang
in Kindertageseinrichtungen. Die Grundsätze zur Bildungsförderung NRW sehen
es daher als wichtige pädagogische Aufgabe an, „Medienerlebnisse aufzugreifen
und den Kindern hierfür Verarbeitungsmöglichkeiten anzubieten“ (MGFFI, 2010,
S. 87).
Aus Geschlechterperspektive sind dabei zunächst zwei Aspekte hervorzuheben:
C
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Es gibt deutliche Unterschiede in der Mediennutzung zwischen Mädchen
und Jungen. Jungen zeigen zum einen mehr Interesse an den technischen
Aspekten der neuen Medien, zum anderen nutzen sie neue Medien, insbeson-
dere Computerspiele, in noch stärkerem Ausmaß als Mädchen.
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Viele mediale Erlebnis- und Spielwelten sind nach Geschlecht differenziert
und bedienen in großem Ausmaß geschlechtstypische Klischees. In den
Mädchenwelten geht es um Aussehen, um Beziehungen und Fürsorge, in den
Jungenwelten um Action, Abenteuer und Kampf.
Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen sehen das große Ausmaß des Medien­
konsums von Kindern und die dort vermittelten klischeehaften Bilder von
Weiblichkeit und Männlichkeit zu Recht kritisch. Insbesondere das Actionspielzeug
der Jungen ist wenig beliebt und wird oft nur an Spielzeugtagen geduldet oder, ins-
besondere wenn es sich um Waffen handelt, ganz verboten. Ein Ausblenden die-
ser Medienerfahrungen aus dem Kindergartenalltag löst jedoch keine Probleme.
Insbesondere die Begeisterung von Jungen für Actionfguren und -spiele ist vor
dem Hintergrund geschlechtstypischer Sozialisation und der Suche von Jungen
nach „Männlichkeit“ zu verstehen. Rohrmann/Thoma (1998) bezeichnen die bei
Erwachsenen meist unbeliebten Actionfguren als „Puppen der Jungen“ und
stellen fest, dass diese vielfältige Funktionen haben können. Sie ermöglichen
Jungen ein „passendes“, „männliches“ Rollenspiel und dienen als Intermediär-
und Übergangsobjekte. Die Identifkation mit Helden gibt Sicherheit und dient der
Abwehr und/oder Verarbeitung von Ohnmacht, Angst und Unsicherheit, die nicht
zum Bild des „richtigen“ Jungen passen.
In der pädagogischen Arbeit in Kindertageseinrichtungen geht es nun keines-
wegs darum, Medienspielzeug einfach nur zu erlauben oder einen unkontrollierten
Medienkonsum zu akzeptieren. Vielmehr ist dafür ein klarer Rahmen erforderlich,
der auch einen durchdachten Umgang mit „Waffen“ im Kindergarten ermöglichen
kann. Gezielte Angebote können neue Zugänge zu Medienfguren ermöglichen –
z.B. der Einbezug von Spielfguren in Konstruktionsangebote oder Interviews über
Lieblingshelden. Schließlich geht es darum, Bedürfnisse und Wünsche aufzugrei-
fen, die hinter der Medienbegeisterung von Kindern stehen, und nach neuenWegen
zu suchen, diese zu beantworten. Ein gutgemeintes Alternativangebot wird sein
Ziel nicht erreichen können, wenn es nicht auf die inneren Themen der Mädchen
und Jungen eingeht und ihnen dafür andere Ausdrucksformen ermöglicht. Eine
aktive Auseinandersetzung mit neuen Medien in Kindertageseinrichtungen ermög-
Actionspielwelten
von Jungen spiegeln
ihre Suche nach
„Männlichkeit“ wider
Auseinandersetzung mit
neuen Medien
Neue Medien werden von
Jungen und Mädchen
unterschiedlich genutzt