Page 37 - VORLAGE

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M Ä N N L I C H E F A C H K R Ä F T E G E W I N N E N U N D ( E I N ) B I N D E N
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Kommunikation mit den Eltern
Bei anstehenden Veränderungsprozessen ist eine gute Kommunikation mit allen Betroffe-
nen von grundsätzlicher Bedeutung. Die Umsetzung einer geschlechterbewussten Pädagogik
lässt sich nicht ohne oder gar gegen die Eltern realisieren. Geschlechterbewusste Pädagogik
in Kindertageseinrichtungen setzt die Beteiligung von und gemeinsame Lernprozesse mit
Eltern voraus, weil diese – anders als zum Beispiel in der Jugendarbeit – mit ihren Einstellun-
gen und Erwartungen zum Kitaalltag dazugehören. Ziele und Ideale geschlechterbewusster
Pädagogik können nicht einfach in die Begegnung mit den Kindern eingebracht, sondern
müssen mit Eltern ausgehandelt werden.
In diesen Kontext lässt sich dann argumentativ auch das Qualitätsziel der gemeinsamen
Erziehung und Bildung durch Frauen und Männer durchWeiterentwicklung von geschlechts-
homogenen Teams zu gemischtgeschlechtlichen Teams einbringen. Natürlich können auch
Frauen in guter Weise geschlechterbewusst mit Jungen und Mädchen arbeiten. Gemischt-
geschlechtliche Teams bieten aber die Chance, dass im gemeinsamen Dialog die Ansätze zur
geschlechterbewussten Erziehung und Bildung weiterentwickelt werden. „Bei mehr Männern
sind auch deren Lebenslagen und Lebensthemen in den Kitas ‚mit drin‘ – und damit mögli-
cher Gegenstand von Auseinandersetzung und Bildung. Im Bereich der Geschlechtersoziali-
sation von Kindern erleichtert die Anwesenheit von Männern eine Auseinandersetzung mit
der Rollenvielfalt von Männern und Frauen“ (Neubauer 2011, S. 2).
Um diese Chance zu ergreifen, bedarf es angesichts der Dominanz von Frauen der Männer-
förderung in Kitas.
Während des Projektverlaufs hat das Projekt MAIK das Gespräch mit zahlreichen Eltern-
vertreterinnen und -vertretern gesucht und dabei festgestellt, dass diese der Beschäftigung
von männlichen Fachkräften sehr positiv gegenüberstehen. Dies belegen auch verschiedene
Studien (vgl. SKV e.V. 2010; Krabel / Cremers / Calmbach 2010). Dabei besteht aber die
Gefahr, dass Männer idealisiert werden und/oder sog. „männlich konnotierte“ Angebote und
Erziehungsstile erwartet werden.
Darüber hinaus werden Sie aber auch auf Eltern treffen, die Ängste, Befürchtungen und
Skepsis in Bezug auf die Einstellung von Männern verspüren. Manche Väter und Mütter
äußern diese offen und direkt, bei anderen bleiben sie im Verborgenen. Schaffen Sie daher
eine Gesprächsatmosphäre, in der diese eventuellen Bedenken angstfrei geäußert werden
können oder sprechen Sie Ambivalenzen in Bezug auf Erwartungshaltungen an Männer und
mögliche Befürchtungen direkt von sich aus an. Machen Sie Ihre Haltung gegenüber pau-
schalen Verdächtigungen von Männern in Kitas deutlich. Erläutern Sie, welche Maßnahmen
Sie im Kontext Ihres Kinderschutzkonzeptes ergriffen haben/ergreifen wollen, um Kinder
vor Übergriffen durch weibliche und männliche Beschäftigte zu schützen, so dass Eltern sich
darauf verlassen können, dass Ihre Kita ein sicherer Ort ist.
Gegebenenfalls kann es von Vorteil sein, zunächst das Gespräch mit dem Elternbeirat zu
suchen, dem in katholischen Kitas gemäß Statut für die katholischen Kindertagesseinrichtun-
gen im nordrhein-westfälischen Teil des Erzbistums Köln eine zentrale Funktion zukommt
und der eine wichtige Schnittstelle zur gesamten Elternschaft bildet. Elternbeiratsmitglie-
der sind durch ihre Lebenserfahrung und Milieukenntnisse in diesen Fragen kompetente
Gesprächspartner. Sie können bzgl. einer geschlechterbewusst ausgerichteten Pädagogik und
der Männerfreundlichkeit einer Einrichtung als kritisches Korrektiv und als „Barometer der
Kundenzufriedenheit“ wirken. Zudem hat der Elternbeirat viele Möglichkeiten, das Thema
in die gesamte Elternschaft zu tragen und dort auch um Unterstützung zu werben. Es kann
sich also lohnen, Elternbeiräte als Bündnispartner und Multiplikatoren für mehr Geschlech-
tergerechtigkeit in der eigenen Kita zu gewinnen.