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c a r i t a s
a k t u e l l
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5
Helmut Sieben hat einenAr-
beitsplatz. Das ist nur schein-
bar eine banale Feststellung,
denn für den 52-Jährigen ist
dieser Job ein großer, ein ganz
persönlicher Sieg.
Sechs Jahre
lang war er arbeitslos – eine
lange, oft deprimierende Zeit.
Wie sich das angefühlt hat?
Sieben sagt es derbe, aber tref-
fend: „Beschissen.“
Im Frühjahr 2012 schickt ihn
das Jobcenter zum Neusser Ca-
ritas-Kaufhaus. Dort bekommt
er einen 1,50-Euro-Job. Sechs
Monate lang läuft dieseArbeits-
gelegenheit. Als sie beendet ist,
bleibt Sieben einfach da, als Eh-
renamtler. Ein dreiviertel Jahr
haut er stundenweise weiter rein.
Er ist dafür zuständig, gebrauch-
te Möbel bei Spendern abzuho-
len und sie nach Aufbereitung
und Verkauf wieder bei einem
Kunden zu montieren. Und
Kaufhaus-Projektleiter Andreas
Knickenberg merkt, dass da ei-
ner mit Engagement, Zuverläs-
sigkeit und Ehrgeiz seine Ar-
beit macht.
Darum bieten Andreas Kni-
ckenberg und Jürgen Maukel,
Fachbereichsleiter Arbeit und
Beschäftigung beim Caritasver-
band, ihm im Herbst 2013 einen
festen Arbeitsplatz an. Und
weil im Kaufhaus Lkw-Fahrer
fehlen, die die Touren von und
zu den Kunden übernehmen
können, erhält Sieben zusätzlich
die Möglichkeit, auf Kosten der
Caritas den Lkw-Führerschein
zu machen. Der neue Mitarbei-
ter erkennt die Chance – und
packt beherzt zu. ImApril 2014
besteht er die Fahrprüfung.
Den
zunächst auf zwei Jahre be-
fristeten Arbeitsvertrag und
den Führerschein schaut er
sich noch heute gelegentlich
an – um sich zu vergewissern,
dass das alles tatsächlich wahr
ist. „Ich bin stolz, dass ich aus-
gewählt worden bin“, sagt er.
Sieben organisiert mittlerweile
Lkw-Touren, trifft Absprachen
mit Kunden. Er hat zum ersten
Mal nach langer Zeit wieder
das gute Gefühl, eine Aufgabe
zu haben, etwas Sinnvolles zu
tun, gebraucht zu werden.
Der Job und der Führerschein
eröffnen neue Perspektiven. Pri-
vat konnte er sich ein Auto an-
schaffen. Jetzt kann er seine
Kinder mal zum Sport oder zu
einer Verabredung bringen.
Der
Arbeitsplatz hat ihm Sicher-
heit gegeben, nicht nur finan-
ziell: „Ich bin viel ruhiger,
nicht mehr so nervös“, sagt
er. Seine Kinder sind stolz,
dass ihr Vater arbeitet. Das
ist Sieben besonders wichtig:
„Ich möchte nicht, dass mei-
ne Kinder von mir lernen, ar-
beitslos zu sein. Ich möchte
ein Vorbild sein.“
Sieben ist kein Einzelfall: Al-
lein imCaritas-Kaufhaus auf der
Schulstraße in Neuss kommen
sechs von zehn sozialversi-
cherungspflichtig Beschäftigten
aus vormaligen Förderprogram-
men derArbeitsagentur oder des
Jobcenters, erläutert Maukel.
Das Beispiel von Helmut Sie-
ben macht Mut. Es zeigt, dass
Langzeitarbeitslose den Weg
in denArbeitsmarkt schaffen
können, wenn sie entspre-
chende Förderung und Zu-
wendung erfahren.
Das ist
bitter nötig: Zwar waren im
März 2014 bundesweit „nur“
gut drei Millionen Menschen
arbeitslos gemeldet – 83.000
weniger als im Februar. Die
Zahl der Langzeitarbeitslosen
jedoch hat sich um 1,7 Prozent
erhöht, teilte der Diözesan-Ca-
ritasverband mit.
Langzeitarbeitslose haben es
schwer auf dem Arbeitsmarkt.
Seit der Instrumentenreform von
2012 liegt der Fokus darauf,
schnelle Vermittlungserfolge
zu erzielen. Arbeitsgelegen-
heiten oder Ein-Euro-Jobs wur-
den erheblich eingeschränkt.
Der Caritasverband hat jedoch
in guter Kooperation mit dem
Jobcenter Rhein-Kreis Neuss
mit dem Projekt „Open House“
eine Möglichkeit gefunden,
Langzeitarbeitslosen zum Bei-
spiel in den Caritas-Kaufhäu-
sern oder Radstationen dennoch
eine Chance zu geben.
Helmut Sieben hat seine
genutzt.
„Ich möchte ein Vorbild sein“
Fachbereich Arbeit und
Beschäftigung
Jürgen Maukel, Leiter
Breite Str. 105
41460 Neuss
Tel. 02131/73952-42
juergen.maukel@caritas-neuss.de