caritas aktuell - Ausgabe 03/2017 - page 14

caritas
aktuell
3/ 2017
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Als Radenka Mazic 2015
aus Bosnien nach Deutschland
kommt, kann sie nur „Guten
Tag“ sagen. Sie ist ihrem
Mann nachgefolgt, der seit
drei Jahren eine Arbeitsstelle
in Deutschland hat. Für die
Frau, die vorher als Verkäu-
ferin gearbeitet hat, ist es ein
völliger Neuanfang – mit 41.
Radenka Mazic hat es ge-
schafft.
Sie ist in der Ausbil-
dung zur Altenpflege-Fach-
kraft im Caritashaus Hildegun-
dis von Meer.
Die neue berufliche Perspek-
tive hat sie sich mit Fleiß und
Beharrlichkeit erarbeitet.
Das
Sprungbrett für sie war das
Projekt „Bunte Pflege“, das
der Caritas-Fachdienst für
Integration und Migration
(FIM) 2013 gestartet hat, um
Menschen mit Migrations-
hintergrund eine nachhaltige
Ausbildung in einem Pflege-
beruf zu ermöglichen. Es ist
ein Projekt mit doppeltem
Nutzen: Es wirkt dem dra-
matischen Fachkräftemangel
in der Pflege entgegen und
hilft zugleich, die Arbeitslo-
sigkeit unter Migranten zu
verringern.
Ebenso wie Radenka Mazic
haben auch Xinghui Fan, die
aus China stammt, und Vasileos
Papadimitriou, der griechische
Wurzeln hat, die „Bunte Pfle-
ge“ als Starthilfe genutzt.
Xinghui Fan beginnt ihre Aus-
bildung zur Altenpflege-Fach-
kraft in Kürze, ebenfalls im
Caritashaus Hildegundis von
Meer. Vasileos Papadimitriou
absolviert gerade seine Ausbil-
dung im Caritashaus Alde-
gundis in Kaarst-Büttgen.
Eineinhalb Jahre dauert das
Projekt insgesamt. Die ersten
sechs Monate dienen als inten-
sive Ausbildungsvorbereitung.
In dieser Phase stehen unter an-
derem berufsbezogenes Sprach-
training, pflegefachlicher Un-
terricht, interkulturelles Trai-
ning, die Vermittlung von
„Ich bin sehr stolz“
„Ich bin sehr stolz“, sagt
Vasileos Papadimitriou. Der
44-Jährige war in seinem „ers-
ten Leben“ Elektriker in einem
Industriebetrieb in Griechen-
land. Auch um den Kindern ei-
ne bessere Perspektive zu bie-
ten, ging er mit seiner Familie
vor gut zwei Jahren nach
Deutschland. Er entschied sich
für einen Neuanfang in einem
völlig anderen Beruf. Als ange-
hender Altenpfleger arbeitet er
im CaritashausAldegundis zum
ersten Mal mit Menschen. „Das
liegt mir“, hat er nach seinen
erstenAusbildungswochen fest-
gestellt.
Xinghui Fan hatte in China
ein Studium der Public Rela-
tions abgeschlossen, als sie
2010 nach Deutschland kam.
Es war eine Familienzusam-
menführung. Ihr Mann arbeitet
bereits länger in Deutschland.
Das Paar gründete hier eine
Familie. Weil das PR-Studium
aus China in Deutschland nicht
anerkannt wurde, nutzte Xing-
hui Fan die Bunte Pflege, um
sich neu zu orientieren. Sie hat
diesen Schritt nicht bereut. „Ich
möchte arbeiten, und das war
der richtige Weg“, sagt die 32-
Jährige.
Lydia Wisner, Leiterin des
Caritashauses Hildegundis von
Meer in Meerbusch-Osterath,
freut sich über den „bunten“
Pflegenachwuchs.
„Der Fach-
kräftemangel ist ein großes
Thema in der Altenpflege. Es
ist sehr schwierig, guten Pfle-
ge-Nachwuchs zu bekom-
men. Gerade darum ist die
Bunte Pflege ein prima Pro-
jekt.“
Mit der Motivation und dem
Engagement der Bunte-Pflege-
Teilnehmer hat sie sehr positive
Erfahrungen gemacht, und
Schlüsselkompetenzen, Kom-
munikationstraining sowie Be-
werbungs- und Stressmanage-
ment auf dem Stundenplan.
Die Bilanz beeindruckt: Al-
lein in den letzten zwei Jahren
durchliefen 50 Teilnehmer die
Bunte Pflege.
Sie stammen aus
23 verschiedenen Herkunfts-
ländern, zum Beispiel Syrien,
Nigeria, Polen, Türkei, Arme-
nien, Afghanistan oder Viet-
nam. Das Projekt vereint also
unterschiedlichste Sprach- und
Kulturkreise. Umso höher ist
die Integrationsleistung zu be-
werten, die hier erbracht wird.
Und umso bemerkenswerter ist
der praktische Erfolg der Bun-
ten Pflege:
62 Prozent der
Teilnehmer wurden in eine
sozialversicherungspflichtige
Tätigkeit im Pflegebereich
vermittelt, berichtet Projekt-
leiterin Linda Wegner vom
FIM.
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