KOMPAKT - Oktober 2015 - page 4

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KOMPAKT 2/2015
A K T U E L L E S
„Der Kindergarten hilft die Familien zu integrieren“
Wie die Kita St. Norbert in Köln-Dellbrück jetzt auch Flüchtlingskinder betreut
Felix hat heute seinen letztenTag imKin-
dergarten St.Norbert in Köln-Dellbrück.
Nach den großen Ferien wird er in die
Schule gehen. Felix ist in Deutschland ge-
boren, seine Familie ist davor aus Russ-
land umgesiedelt.AmAnfang konnte der
aufgeweckte Junge nur ein paar einzelne
Worte deutsch sprechen, doch nach nur
wenigenWochen hat er dann beimEssen
imKindergarten plötzlich den ersten voll-
ständigen Satz gesagt: „Ich möchte nicht
mehr“. Dann ging mit der Sprache alles
sehr schnell.Auch Freunde hat er schnell
gefunden, einige gehen nach den Ferien
mit ihm in eine Schulklasse. „Ich spiele
hier gerne mit Bauklötzen oder Fußball.
Ich bin fast immer im Tor, aber manch-
mal schieße ich auch die Tore“, erzählt
er stolz. In Deutschland zu leben ist für
Felix ganz normal, seine ältere Schwes-
ter Nika hat dieAnkunft in Deutschland
kaum in Erinnerung, sie war gerade mal
acht Monate alt. Felix ist imKindergarten
fest integriert. „Man hat uns hier wirklich
sehr gut empfangen“, sagt seine Mutter
Olga.Auch wenn derAnfang nicht leicht
war. „Im ersten Jahr ist man nur damit
beschäftigt zu vielen Ämtern und Behör-
den zu gehen, um alles zu regeln und zu
beantragen. Dafür muss man schon ein
bisschen Deutsch sprechen und verste-
hen können“, berichtet sie in flüssigem
Deutsch.DieökumenischeFlüchtlingshilfe
hilft den Flüchtlingen einen Sprachkurs
zu finden und organisiert auch Deutsch-
unterricht vor Ort in Wohnheimen.
Die Sprache als größte Barriere
Am Anfang waren die Sprachbarrieren
schon spürbar. Da sie aber schon ein
paarVorkenntnisse in Russland sammeln
konnte, hatte sie nicht so große Probleme
wie viele andere Flüchtlingsfamilien.Die
38-jährigeRussin ist ehrgeizig und gut aus-
gebildet, hat studiert. Zurzeit ist sie nur
geringfügig beschäftigt. „Ich suche immer
noch eineArbeitsstelle, aber das ist nicht
so einfach“, erzählt sie. Richtig froh ist
sie, dass ihre Kinder sich imKindergarten
so schnell eingewöhnt haben und kaum
Sprachprobleme hatten.Tochter Nika war
zunächst ein Jahr in einem anderen Stadt-
teil in der Kita, bevor sie nach Dellbrück
unddamitwohnortnahwechselte,Felixwar
ein Jahr in anderem Kindergarten in der
U3-Gruppe, mit 3 Jahren konnte er dann
in denKindergarten St.Norbert wechseln.
Die Eingewöhnung war ganz normal wie
bei jedem anderen Kind auch.
„Alle Kinder, auch die Flüchtlingskinder,
gehen ganz unvoreingenommen in den
Kindergarten“, berichtet Heidi Haas. Seit
sechs Jahren leitet sie dieKita inDellbrück
mit insgesamt 87 Kindern von zwei bis
sechs Jahren in vier Gruppen.DasThema
Flüchtlinge beschäftigt dieKita St.Norbert
jetzt immer mehr:Mittlerweile gibt es drei
Flüchtlingswohnheime in Dellbrück und
die Nachfrage nach Kindergartenplätzen
steigt.Haas: „Drei Flüchtlingsfamilien ha-
ben wir inzwischen hier, es kommen bald
noch zwei aus Georgien dazu.“ Die Kon-
takte zu den Familien entstehen über eine
Lebensmittelausgabe, die der Pastoralre-
ferent inDellbrück organisiert.„Natürlich
würden wir noch viel mehr aufnehmen,
aber unsere Plätze sind natürlich begrenzt.
Dazu bräuchten wir auch noch weitere
zusätzliche Unterstützung durch eine
Praktikantin oder einenFSJler“,sagtHaas.
Kindergarten als Integrationshilfe für
die ganze Familie
„Die Flüchtlingskinder freuen sich, wenn
sie hier auf andereKinder treffen“,berich-
tet die Leiterin. „Die reden mit Händen
und Füßen und lernen dann ganz schnell“.
Positiver Nebeneffekt:Über den Kinder-
gartenalltag können die Familien besser
integriert werden, nicht selten fungieren
die Kinder als Dolmetscher und helfen
ihren Eltern.Unheimlich wichtig sei auch
ein Netzwerk. „Über die Gemeinde be-
kommenwirUnterstützung undwir haben
eineTherapeutin imTeam.Mit Hilfe kann
man Berge versetzen.Wichtig ist einfach,
den Familien zu zeigen, dass sie willkom-
men sind“, so Haas.
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