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KOMPAKT 2/2015
te es eine Auseinandersetzung zwischen
Petrus und Paulus um die Heidenmission
nicht geben dürfen.
Sieben Gaben im Konflikt
Aber es braucht eine innere Balance, um
aufkommendeAggression zu steuern und
in einer geistlichen Gleichzeitigkeit mit
Jesus denKonflikt als gemeinsamen Lern-
prozess anzunehmen. Eine Hilfe könnte
es sein, nach Maßgabe der sieben Gaben
des Heiligen Geistes den Konflikt zu be-
trachten:
B R U N O S C H R A G E
Referent für Caritaspastoral und Grund-
satzfragen
Mit der eigenen Aggression umgehen
Es gilt,dort wowir leben,den Lernprozess
der Bibel fortzuschreiben.Wie gehen wir
mit unserer und der Aggression anderer
um? Wie lösen wir heute Konflikte?
Es hilft, das Verhalten und Handeln
Jesu zu studieren. So hält er eben nicht
die andereWange hin, als er vom Diener
beimVerhör vor demHohen Rat ins Ge-
sicht geschlagen wird. Er fragt, warum er
geschlagen wird, wenn er nichts Unrech-
tes gesagt hat.Und als die Gesetzeslehrer
die Ehebrecherin zu ihm bringen, klärt
er die wahren Motive der Ankläger und
die dahinter liegenden Rollenkonflikte.
Nachdem diese gegangen sind, spricht er
alleine mit der Frau. E richtet nicht über
sie, sondern richtet sie auf,mit der Ermu-
tigung anders zu handeln. Insbesondere
im Rangstreit der Jünger erläutert Jesus,
nach welchemMaßstab Gott handelt und
wer wirklichGröße beweist:Es ist der, der
dem Leben dient.
In allen diesen Konflikten zeigt sich
ein konstantes Verhalten Jesu:
u
Er geht dem Konflikt nicht aus dem
Weg, sondern gestaltet ihn aktiv.
u
Er spricht die Beteiligten an und klärt
die Motive.
u
Er nimmt die Motive ernst und ist
sachkundig.
u
Er trennt immer den Sachverhalt von
der/den Personen.
u
Er ordnet die Streitfragen in einen
größeren Kontext ein.
u
Er stellt den einzelnen und seine Le-
bensperspektive in den Mittelpunkt
– nicht das Gesetz.
u
Er zielt aufVersöhnung,Lebensermög-
lichung und nicht auf „Vernichtung
oder Sieg“.
u
Er schaut nicht zurück, sondern will
Zukunft ermöglichen.
u
Er hält die nicht zu lösende Konflik-
te z.B. mit Judas, den Pharisäern und
Sadduzäern aus.
u
Er bleibt sich und seiner Überzeugung
von der barmherzigenHaltungGottes
treu.
Dies kann eine
Orientierung für
uns Christen bie-
ten, um im Alltag
im Umgang mit
Eltern, Kindern,
den Kolleginnen
und Kollegen mit
Jesus „gleichzeitig“
zu sein.Es hilft,sich
mit ihmimKonflikt
zu bewegen und
die naturgegebene
Aggression zu kul-
tivieren. Das kann
im Ausnahmefall
wie bei derTempel-
reinigung, auch bedeuten, dieTische (aber
eben nicht die Menschen) umzustoßen,
wenn das Haus Gottes zur Räuberhöhle
wird. Diese einmalige Aggression Jeus
zeigt seine klareHaltung,wenn derGlaube
zumGeschäft verkommt.DerGlaube lehrt
dagegen immerBarmherzigkeit gegenüber
demNächsten und sich selbst zu üben,weil
derVater selbst Barmherzigkeit ist. So ist
nach derTempelreinigung Platz für die,um
die es Gott wirklich geht: Denn so gleich
anschließend gingen zu ihm Blinde und
Lahme in den Tempel, und er heilte sie.
Streiten – ja, aber christlich
Im Sinne Jesu sollten wir um dieVerwirk-
lichung derMenschlichkeit streiten – aber
christlich: Dem anderen nicht den Kopf
sondern die Füße waschen!
Auch bleibt die klassischeWaffenkam-
mer geschlossen. Es gilt eben nicht den
Anderen bloß zu stellen, rhetorisch und
polemisch herabzusetzen,mittels Koaliti-
onen undAbsprachen zu isolieren, ja not-
falls sozial, fachlich oder eben öffentlich
zu demontieren, denunzieren und so zu
vernichten.Wer kennt nicht heute die vie-
len Spielarten z.B. des Mobbings?
Konflikte sind keine Infragestellung
derGlaubwürdigkeit derKirche,nach dem
Motto:Auseinandersetzungen darf es doch
eigentlich bei uns nicht gegeben, denn bei
uns wollen doch alle nur das Gute. Und
auch die Annahme, wenn das geistliche
Leben in Ordnung ist, dann gibt es keine
Konflikte,führt in die Irre.Denn dann hät-
Weisheit
Wer ist am Konflikt beteiligt?
Wie stark bin ich innerlich beteiligt?
Wer kann konfliktlösend helfen?
Verstand/Einsicht
Was muss ich an Fakten wissen?
Rat
Wen könnte ich um Rat fragen?
Stärke
Bin ich bereit und in der Lage, den Konflikt offen
anzugehen?
Erkenntnis/Wissenschaft
Welche Methoden können hilfreich sein?
Frömmigkeit
Was sagt der liebende Blick Gottes auf die Beteiligten?
Gottesfurcht
Was sagt der liebende Blick Gottes auf die Beteiligten?
I M P U L S E