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Sonderausgabe
Schattenbericht der Nationalen Armutskonferenz
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Ohne öffentlich
geförderte
Beschäftigungwird
es nicht gehen
Nationale Armutskonferenz formuliert
Anforderungen an einen sozialen Arbeitsmarkt.
Menschliches Leben ist mehr, als eine Wohnung
zu haben und genug Geld für Kleidung und Essen
Von Michael David
A
rbeitslosigkeit abbauen: das Glaubensbe-
kenntnis deutscher Sozialpolitik. Aber was ist
eigentlich gemeint? Empirische Studien zei-
gen: Nichts wünschen sich Erwerbslose sehn-
licher, als „dabei“ zu sein, „mitmachen“ zu
können. Nicht nur Prof. Klaus Dörre (Jena) weist mit seiner
kritischen Studie „Bewährungsproben für die Unterschicht“
nach: Erwerbslose machen fast alles, um mit-arbeiten zu
können. Auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsfor-
schung der Bundesagentur für Arbeit bestätigt dies.
Warum also Aktivierung? Das Zauberwort der Hartz-
Reformen suggeriert, da lägen welche auf der faulen Haut.
Die frühen 2000er Jahre lebten politisch von solchen
Anspielungen. Franz Müntefering verballhornte den Bibel-
spruch gegen faule Prediger „Wer nicht arbeitet, soll auch
nicht essen“ und hielt ihn Erwerbslosen entgegen. Der
damalige Grünen-Politiker Oswald Metzger (heute CDU)
philosophierte über faule Arbeitslose, die vor dem Fernseher
sitzen, Chips essen, Bier trinken und ihre Kinder vernach-
Dieser Mann am Potsdamer Platz in Berlin hat kaum Geld für Kleidung und Essen
Andreas Düllick ©VG Bild-Kunst
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