caritas aktuell - Ausgabe 01/2015 - page 10

caritas
aktuell
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Für Julia Jecht hat schon ein Probe-
tag gereicht. „Danach war ich Feuer und
Flamme“, sagt die 20-Jährige. Seit An-
fang 2015 absolviert sie ihr Freiwilliges
Soziales Jahr im Caritashaus St. Alde-
gundis in Kaarst-Büttgen.
Sie überbrückt
damit die Zeit bis zum Ausbildungsstart
bei der Polizei am 1. September. Sie hätte
auch auf Reisen gehen oder einfach nur
faulenzen können. Aber das ist nichts für
Julia Jecht: „Ein halbes Jahr zuhause rum-
zuhängen ist Schwachsinn. Ich wollte et-
was mit und für Menschen machen, und
zwar mit Menschen, mit denen man nicht
ständig zu tun hat.“
Und so reicht sie alten Menschen das
Essen an, spaziert, erzählt und spielt mit
ihnen. „Wir haben immer was zu lachen“,
erzählt sie und meint damit sowohl das
Miteinander mit den alten Leuten als auch
mit ihren Kolleginnen: „Wir haben ein su-
per Team.“ Dazu gehören neben Julia Jecht
auch Sophia Arnold (20) und Melissa Fank
(19), die im Caritashaus Aldegundis der-
zeit beide ihren Bundesfreiwilligendienst
leisten.
Seit der Abschaffung der Wehrpflicht
sind Bundesfreiwilligendienst (Bfd) und
Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) das, was
früher der Zivildienst war. Denn mit der
Wehrpflicht war auch der Zivildienst
Geschichte.
Nicht nur für den Caritasver-
band Rhein-Kreis Neuss war das ein her-
ber Einschnitt, weil die Zivis jenseits der
Kapazitäten des hauptamtlichen Personals
viele zusätzliche Angebote ermöglicht ha-
ben. FSJ und Bfd haben diese Lücke noch
nicht schließen können.
Aber viele Einrichtungen sind auf einem
guten Weg. So wie das Caritashaus St. Al-
degundis, wo derzeit sieben Bufdis (Kurz-
form für Bundesfreiwilligendienstleisten-
de) beziehungsweise FSJler arbeiten. Mehr
waren es auch zu Zivildienst-Zeiten nicht,
sagt Einrichtungsleiter Heinz-Werner Vet-
ten. Julia, Melissa und Sophia sind in der
Betreuung tätig. Sie verbringen Zeit mit
den Bewohnern, helfen ihnen beim Essen,
bereiten Angebote wie die Bewegungsrun-
de, Gymnastik oder Gedächtnistraining
vor, organisieren eigenständig die Zei-
tungsrunde.
„Sie stärken das Haus ganz erheblich.
Sie entlasten das Pflegepersonal enorm
und haben mit ihrer offenen und herzli-
chen Art einen tollen Draht zu den Be-
wohnern“, lobt Bertram Büchel, Leiter
des Soziales Dienstes. „Es ist toll zu er-
leben, wie sich die Bewohner freuen. Sie
geben uns sehr viel zurück“, sagt So-
phia.
Man merkt das im Umgang der Ge-
nerationen: Da ist keine Befangenheit,
keine übertriebene Rücksichtnahme, son-
dern einfach nur ein herzliches, unkompli-
ziertes Miteinander und sogar die ein oder
andere liebevolle Frotzelei.
Zu vielen Bewohnern haben sich inzwi-
schen richtige Freundschaften entwickelt.
Da ist der ein oder andere Freundschafts-
dienst inbegriffen. Ein Bewohner hatte
kürzlich Heißhunger auf eine kleine kuli-
narische Sünde, schmunzelt Bertram Bü-
chel. Der Senior engagierte einen Bufdi als
„Komplizen“, und der fuhr zur Frittenbude,
um dem alten Herrn eine Currywurst mit
Pommes zu holen.
Natürlich ist im Altenheim nicht alles
eitel Sonnenschein. „Wir sehen auch
Leid“, sagt Melissa. „Wir sehen, dass
Menschen sterben. Man bekommt eine
andere Sichtweise auf viele Dinge.“ Das
sieht auch Julia so: „Ich habe jetzt ein
ganz anderes Verständnis für Pflegebe-
rufe.“
Den Kontakt zum Caritashaus St. Alde-
gundis wollen Julia, Melissa und Sophia
auch nach dem Ende ihres Dienstes halten.
Alte Freundschaften wollen schließlich ge-
pflegt werden.
… und der „Komplize“
holt ‘ne Currywurst
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