Kompakt - April 2015 - page 28

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KOMPAKT 1/2015
P R A X I S K O N K R E T
Die „Wackelzähne“, die Vorschulkinder
der katholischen Kindertagesstätte St.
Josef in Grevenbroich haben sich genau
passend zum 25-jährigen Jubiläum der
UN-Kinderrechtskonvention ausführlich
mit demThema Kinderrechte beschäftigt.
Wie es dazu gekommen ist und was Kin-
der undErzieherinnen dabei erlebt haben,
zeigt der folgende Bericht.
Nachdem sich die Kinder zunächst mit
anderen Kinderrechten auseinanderge-
setzt hatten, wollten sie sich nun noch
ausführlich mit dem Recht auf Schutz im
Krieg und auf der Flucht beschäftigen.Um
denKindern den Einstieg in diesesThema
zu erleichtern, schauten sie sich mit ihren
Erzieherinnen das Bilderbuch „Der An-
fang“ von Paula Caraballeira und Sonja
Danowski an.Es erzählt vomLeben einer
Familie in der Nachkriegszeit.
„Wie war das imKrieg?Was gab es zu es-
sen und zu trinken?Wo haben alle geschla-
fen? Wurde auch gespielt und gelacht?
Wie ist es „auf der Flucht“ zu sein? Das
waren Fragen,die dieWackelzähne hatten.
Gemeinsammit den Erzieherinnen über-
legten die Kinder, dass es schön wäre, eine
Zeitzeugin oder einen Zeitzeugen einzu-
laden.Nach einer kleinen Suchaktion und
einigen Anfragen fanden wir schließlich
mit FrauB.eineZeitzeugin.FrauB.besucht
die Kinder in der Kita und berichtete den
Kindern von ihren Erlebnissen im Krieg.
Sie hatte sogar Bilder aus der Zeit imKrieg
dabei, in der sie selbst noch ein Kind war.
Nach dem Besuch der Zeitzeugin gab es
weiterhin viel Gesprächsbedarf in der
Kinderkonferenz derWackelzähne.Dabei
entstand dann auch eine Idee, was man
tun könnte:
„Das Recht auf Schutz im Krieg
und als Flüchtling“
– Kinder beschäftigen sich mit den Kinderrechten
Kinder: „Krieg ist schlimm. Wir fanden
gut, dass Frau B. als Kind eine Apfelsine
von einemSoldaten geschenkt bekommen
hat und sie die mit den anderen Kindern
auf der Flucht geteilt hat. Und wir fan-
den traurig,dass sie zuschauenmusste,wie
andere Kinder die nicht auf der Flucht
waren, genug zu essen hatten und nichts
abgegeben haben.“
Erzieherin:„Ich habe Euch erzählt,dass es
auch hier bei uns Familien gibt, die wegen
Krieg aus ihrem Land geflohen sind.“
Kinder: „Ja, die wohnen jetzt hier. Wir
wollen die Familien zu uns in den Kin-
dergarten einzuladen. Wir möchten für
sie Muffins backen und Kakao kochen.
… Und wir wollen den Familien zeigen,
wie es bei uns im Kindergarten ist. Und
zusammen singen, aus ihren Ländern und
aus unseremLand.“ „Und wir wollen wie
St. Martin teilen. Der Martin hat seinen
Mantel durchgeschnitten, dem Bettler
geholfen und seinen Mantel gegeben.“
So haben Kinder und Erzieherinnen ge-
meinsam beschlossen, dem Beispiel des
So haben die Kinder die Zeitzeugin erlebt:
„Und so hatten wir heute in unserer Kita Besuch von Frau B., sie hat den Krieg erlebt. Sie hat uns
vom Krieg erzählt und uns Bilder gezeigt – sie war da ein Kind wie wir. Sie hat uns z.B. erzählt,
dass sie bei Fliegeralarm ganz schnell in den Keller gelaufen ist und dort mit ihrer Lieblingspuppe
verschüttet wurde. Papa und Onkel haben sie dort gefunden und ausgebuddelt. Sie hat uns auch
erzählt, dass sie Schuhe aus Holzbrettchen mit Lederriemen tragen musste, damit sie etwas
an den Füßen hatte. Hauptsache man hatte Schuhe! Wir haben gefragt, ob sie im Krieg gelacht
hat. Sie hat gesagt: „Ja.“ Das schönste war auch für die Kinder im Krieg, dass sie sich nicht oft
waschen mussten – es gab kein Wasser! Von ihrer Flucht hat sie auch erzählt und dass sie ein
Baby mithatten, dass nicht schreien durfte. – Sonst wurde man entdeckt!“
Fabio, Line, Taha, Jona, Mila und viele andere Wackelzähne
Martin ein wenig zu folgen.Dazu brachte
jedes Kind aus der Kita etwas zu essen
oder zu trinken mit, dass es selber beson-
ders gerne mag, z.B. Lieblingsschokolade,
Cornflakes,Lieblingsbonbons,Kartoffeln,
Reis oder Nudeln usw.
Um noch mehr darüber zu erfahren wie
es den Flüchtlingsfamilien inDeutschland
geht,wurde Frau Schmitz aus demCaritas-
kreis der Pfarrgemeinde eingeladen,die im
engen Kontakt mit den Flüchtlingsfamili-
en steht. Sie erzählte den Kindern, „dass
die Flüchtlinge, wenn sie in unser Land
kommen, nicht aussuchen dürfen, wo sie
wohnen. Sie kennen unsere Sprache nicht
und müssen dort wohnen, wo sie hinge-
schickt werden. Sie haben zu essen und
zu trinken und ein oder zwei Zimmer.Da
leben und schlafen sie.Außerdem haben
sie oft keine Bekannten in Deutschland
und kennen hier niemanden.“
Spontanwollten dieKinder die Flüchtlinge
einladen. Doch zunächst wurden die von
den Kindern mitgebrachten Sachen und
Spenden von den Kindern mit sortiert,
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