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KOMPAKT 2/2015
Klappe auf – Klappe zu
Inklusionsprojekt „Kommunikationszaun“ der katholischen Kita St. Mariä Geburt und der
Heilpädagogischen Kindertagesstätte St. Egilhard / Elsdorf
In der Kita St. Mariä Geburt sind zurzeit
90 Kinder in 4 Gruppen, davon 3 Kinder
mit inklusivemFörderbedarf. In der Heil-
pädagogischen Kita St. Egilhard werden
16 Kinder, die erhöhten Förderbedarf auf
Grund von körperlicher und/oder geistiger
Beeinträchtigungen, Entwicklungsverzö-
gerungen,Wahrnehmungsstörungen oder
Verhaltensauffälligkeiten haben, betreut.
Seit geraumer Zeit kooperieren wir schon
miteinander, so zumBeispiel in Form von
gemeinsamenkulturellenProjekten (Thea-
tervorstellungen,Festen,Konzerte…etc.),
Hospitationen und kollegialer Beratung
der Pädagogen oder gegenseitigen Besu-
chen der Kinder. Im Moment ist die Zeit
in unseren beiden Kitas so spannend wie
noch nie …!
Die Gärten unserer beiden Kindertages-
stätten grenzen aneinander und wurden
bisher von einemMaschendrahtzaun ge-
trennt, der von denKindern „kaputt kom-
muniziert“ wurde und dringend ersetzt
werdenmusste.Und so standenwir vor der
Frage, was wir nun eigentlich wollen. Ei-
nen neuen Zaun, der wieder trennt – oder
vielleicht einen, der die selbstverständli-
che Kommunikation der Kinder beider
Einrichtungen weiter fördert? Und wie
genau könnte so etwas aussehen?
Eine Idee wurde geboren!
Gemeinsam mit den Kindern und Teams
beider Einrichtungen sammeltenwir erste
Ideen dazu.Unterstützt wurden wir dabei
von der Dipl. Ing. agr. Aletta Mortsiefer,
die den Zaun dann nach unseren Ideen
undVorstellungen entworfen hat.Und nun
ist unser gemeinsames Projekt „Kommu-
nikationszaun“ umgesetzt, er steht – und
verbindet – genauso, wie wir uns das mit
unserenKindern gemeinsamüberlegt und
vorgestellt haben. Der neue Zaun ist mit
Öffnungen versehen,durch die dieKinder
miteinander kommunizieren können.Ein
von beiden Seiten bespielbares Holzhaus
bietet ein Fenster, das zum gemeinsamen
Spiel einlädt.Auf beidenSeitendes Zaunes
befinden sich Sitzrondelle, die mit einer
Edelstahltelefonanlage ausgestattet sind.
Ein Beispiel für gelungene
Inklusion
Das Beispiel unten im Kasten ist unserer
Meinung nach ein gutes Beispiel für ge-
lungene Inklusion.Denn Jona ist einKind,
das auf Grund seines Behinderungsbildes
besondere Rahmenbedingungen für sei-
ne Betreuung in einer Kindertagesstätte
benötigt, die er in einer Heilpädagogi-
schen Tagesstätte vorfindet. Jona berei-
tet es Schwierigkeiten Kontakt mit seiner
Umwelt aufzunehmen,weshalb er sich oft
zurückzieht. In unserem Beispiel gingen
die Kinder unvoreingenommen auf Jona
zu und haben ihn durch ihr offensives Spiel
intuitiv im Rahmen seiner Möglichkei-
ten miteinbezogen.Würde Jona die Kita
St.MariäGeburt besuchen,würde er einer
sehr großen Reizüberflutung ausgesetzt
werden, die mit großer Wahrscheinlich-
keit zu einem massiven Rückzug führen
würde. In dieser Spielsituation jedoch
hatte er einen geschützten Raum – die
So nutzen die Kinder den Zaun.
Es ist donnerstags nach dem Mittagessen. Die Mittagskinder der Kita St.Mariä
Geburt, die nicht schlafen gehen, stürmen auf das große, weitläufigeAußengelände.
Einige Kinder laufen sofort auf das von beiden Seiten bespielbare Holzhaus zu, das
in unseren Kommunikationszaun integriert ist. Es hat in der Mitte eineTrennwand
mit einem großen Fenster, dessen Fensterläden man von beiden Seiten öffnen und
schließen kann. Sofort werden also die Fensterläden von den Kindern geöffnet
… und siehe da, ein Nachbar ist auch schon da! Ein Junge aus der Heilpädagogi-
schen Kita schaut interessiert zu, wie sich auf einmal die Fensterläden – wie von
Geisterhand – öffnen. Er wird sogleich angesprochen: „Hallo Nachbar, wie heißt
du?“ Keine Antwort, der Junge guckt nur erstaunt und bekundet so mimisch sein
Interesse. Dann geht die Klappe wieder zu!
Auf – zu, auf – zu, fasziniert schaut der Junge wortlos, aber kontaktbereit zu. Es
entsteht ein lustiges Spiel, das allen Kindern sehr viel Spaß macht, auch wenn der
Junge sich nur inAnsätzen verbal beteiligt. Er ist trotzdem voll dabei und völlig in
das Spiel integriert, denn ohne ihn wäre alles nur halb so spannend! In der Zwi-
schenzeit unterhalten sich zwei Erzieherinnen über den Zaun hinweg miteinander.
Die Kinder beobachten dies und nutzen die Gucklöcher des Kommunikationszau-
nes, um auch mal wie die Großen hinüber zu schauen und beteiligen sich an dem
Gespräch der Erzieherinnen: „Ich heiße Rebecca.“ „Und ich binMalte“, stellen sie
sich der anderen Erzieherin vor. Diese stellt sich ebenfalls vor und ergänzt: „Und
euer Nachbar imSpielhäuschen heißt Jona.“ Schnell rennen sie wieder ins Spielhaus
und rufen: „Hallo Nachbar, hallo Jona.“ Jona lacht und freut sich jetzt schon sogar
mit Namen angesprochen zu werden. „Das sind ja nette neue Spielfreunde.“, denkt
er. Sofort kommentiert Jona das Spiel mit „auf“ und „zu“ … Und wieder beginnt
das gemeinsame Spiel von vorne …
P R A X I S K O N K R E T